LIFESTYLE: ENTTÄUSCHENDE NEUE SERIEN BEI AMAZON PRIME * GOOD OMENS & NOS4A2

Zu zwei neuen Serien auf Amazon Prime wurde uns schon im Vorfeld der Mund ordentlich wässrig gemacht. Vom schwarzen Humor bis hin zu Horrorelementen sollte man vor allen Dingen auch ordentlich Spannung erwarten können. Zum Glück hatte ich gerade ungewöhnlich viel Zeit und habe in die neuen Serien Good Omens und NOS4A2 mal intensiv reingeschaut.

 

Wenn vor gefühlt hundert Jahren im Fernsehen zB. ein Vampirfilm lief, wurde er meist mit einem Trailer angekündigt, der den folgenden wohligen Schauer als „Der phantastische Film“ kategorisierte. Diese Schublade ist gar nicht übel, den „Fantasy“ meint heute doch was anderes, aber „phantastisch“ im Sinne von „weit hergeholt, aus dem Reich der Phantasie“ trifft es für mich sehr gut.

Beide neue Serien sind aus diesem Genre, der eine eher mit einer zusätzlichen Portion schwarzem Humor gewürzt, der andere eher dem Horrorgenre näher.

So ist mein erster Eindruck auch sofort: Bei Good Omens fühle ich mich in einen eher seichten Monty Python Film versetzt, wohingegen ich mich bei NOS4A2 fast schon in einem arg langweilig geratenen Spin Off von „ES“ wähne, ihr wisst schon die Mutter aller Gruselclowns.

Bei Good Omens arbeiten Engel und Dämon zusammen, weil sie keinen Bock aufs Ende der Welt haben. Ist es doch so schön bequem zwischen diesen komischen Menschen zu leben, und seine eigenen Eitelkeiten so richtig fett auszuleben.

Im Nosferatu-Verschnitt NOS4A2 hingegen sammelt ein unheimlicher Mann mit einem noch unheimlicheren Auto kleine Kinder ein, um sie ins Christmasland zu „retten“, was aber eigentlich bedeutet, dass sie schlechte Zähne und ziemlich viel Hunger auf Menschenfleisch bekommen.

Das klingt erst einmal richtig unheimlich, wird aber leider nur halbherzig verfolgt, weil der Großteil der Serie darauf verwendet, uns zu zeigen, wie es in einer US amerikanischen White Trash Familie mit pubertierender Tochter, versoffenem Vater und putzender Mutter aussehen (soll). Klingt nach Coming of Age Drama, und das ist es für meinen Geschmack auch viel zu viel. Dazu noch das White Trash Klischee, das man nach ein paar Folgen als unerträglich und depressionsfördernd wahrnimmt.

 

Dagegen ist bei Good Omens so richtig die Hölle los. Das hätten zumindest gerne deren Einwohner, denn der Antichrist wurde geboren und soll nun aufsteigen zum Biest, das das Ende der Welt einläutet. Blöd nur, wenn man den kleinen Satansbraten verwechselt und alles ein bisschen wie bei Charlies Tante zur Verwechslungskomödie abdriftet.

Nach so bitterschwarzen Erzählungen, zum Beispiel bei Anthologieserien wie „Black Mirror“, erscheint mir persönlich der hier etwas üppig ausgeschüttete schwarze britische Humor seltsam gestrig und nicht mehr zeitgemäß. Auch wenn es durchaus tiefschwarze Szenen gibt, ganz ohne Frage, so bin ich dann doch über das lahme Erzähltempo und den wenigen Inhalt der einzelnen Folgen erschrocken. Nach zweieinhalb Folgen musste ich Schluss machen, da ich mich ständig beim Einschlafen erwischte. Wer also unter Schlafstörungen leidet, vergisst bitte schnell diesen Bericht und schaltet Good Omens ein!

 

NOS4A2 habe ich komplett gesehen und war ebenfalls eher enttäuscht. Zum Schluss wird dann nämlich schnell noch nachgeholt, was die übrigen neun Folgen über ständig verbockt wurde: Es kam endlich mal unheimliche Spannung auf – für einen kleinen Cliffhangermoment, der dann wohl auch noch eine weitere Staffel dieser dröge dahinkriechenden Serie verspricht.

Die namentliche Verwandtschaft mit dem Klassiker Nosferatu ist übrigens geradezu eine Unverschämtheit (NOS4A2 ist das Nummernschild des unheimlichen und übernatürlichen Autos, mit dem der Kinderfänger durch die Lande schippert, und wohl auch Quell seiner nicht ganz so sicheren Unsterblichkeit). Ist doch Murnaus Vampir von 1922 schon beim ersten Blick furchteinflößender als all die kleinen Zombievampiere im Christmasland mit ihren schlecht geputzten Fangzahngebissen zusammen.

Zumindest ist der ganze Kram nicht unintelligent aufgebaut, es gibt sogar lustige Querverweise auf düstere Horrorkollegen (zB. Clown Pennywise aus ES), und die Schar der Schauspieler mit sehr bekannten Stars (zB. Zachary Quinto), und unbekannteren Social Media Sternchen (zB. Jahkara Smith aka Sailor J) macht einen soliden Job. Könnte alles ganz nett sein, würde man hier Genretreu bleiben. Leider driftet die Serie immer wieder in das depressive Dasein der Hauptcharaktere ab.

Trotzdem: Im Gegensatz zu Good Omens habe ich bei NOS4A2 wenigstens bis zum Finale der ersten Staffel geschaut, kann ja dann nicht ganz so schlecht gewesen sein. Aber nach all den Vorschusslorbeeren zu diesen zwei neuen Serien auf Amazon Prime bin ich regelrecht enttäuscht. Besonders nach solchen Highlights wie zuletzt „Killing Eve“.

 

 

 

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(Fotos: Amazon Prime     Keinerlei Sponsoring)


13 Gedanken zu “LIFESTYLE: ENTTÄUSCHENDE NEUE SERIEN BEI AMAZON PRIME * GOOD OMENS & NOS4A2

  1. Da bin ich ganz entschieden anderer Meinung. Ich fand Good Omens großartig. So verschieden sind die Geschmäcker.

    Hast du schon Chernobyl gesehen? Ich kann immer noch kaum in Worte fassen, wie unglaublich gut jede Sekunde jeder dieser 5 Folgen ist. Sehr schwer auszuhalten. Ich habe bei einigen Szenen so sehr weinen müssen und es ist so schwer auszuhalten, aber ich persönlich halte sie für die wichtigste und beste Serie seit langem.

    1. Ich habe mich noch nicht rangetraut, dabei hörte ich ebenfalls so viel Gutes. Steht noch auf meiner to-watch liste. Danke für die Erinnerung.
      Viele Grüße!
      KK

  2. „Good Omens“ hatte ich angefangen, bin aber ebenfalls ehr genervt und deswegen habe ich sie auch nach der zweiten Folge abgebrochen.
    Bei Netflix läuft die Miniserie „When they see us“. Die musste ich am Wochenende durchschauen: nimmt sehr mit und ist großartig gespielt. Die geht mir immer noch nach.
    Viele Grüße!

  3. Hab gestern Good Omens fertig geschaut- na ja zum Zeit totschlagen ganz ok.
    Jetzt hab ich das Bedürfnis NOSetc. Von der Watchlist zu nehmen…
    Chernobyl sagt mir grad nix, ich werde Ausschau halten.
    Generell fällt bei den hauseigenen Serien derzeit Masse statt Klasse geboten zu sein. Für jeden Geschmack zurechtgemacht und ohne Tiefgang.
    Überhaupt, wenn es am Anfang schwer ist dranzubleiben, lohnt es sich oft. Vor kurzem hab ich Bosch die 4. Staffel gesehen und die Serie enttäuscht mich trotz schwerem Einstieg auch nach Jahren nicht.

    Christine

  4. Also ich fand ‚Good Omens‘ etwas vom Besten, das dieses Jahr über den Bildschirm geflackert ist. Tennant und Sheen waren umwerfend. Zugegeben Pratchett und Gaiman haben einen Stil, den man mögen muss, aber es handelt sich um Meister ihres Fachs. Und dass das Genre nicht mehr zeitgemäss ist, würde ich nicht sagen – ganz im Gegentei.

    1. Mir hat Good Omens auch richtig gut gefallen. Schrullige liebenswerte Charaktere, die mich zum Schmunzeln gebracht haben. War für mich die ideale kurzweilige Unterhaltung während der verregneten letzten Wochenenden.
      Dahingegen kann ich mich nicht so richtig mit American Gods anfreunden. Irgendwie reißt mich da der Erzählfluss nicht mit.

    2. Mich hat die Serie auch total begeistert. Ich mag diesen Stil und freue mich schon auf eine hoffentlich bald folgende Staffel.

  5. Hab mich unlängst durch die zweite Staffel von the OA geschnarcht (netflix). Obwohl ich dabei viel geschlafen habe, und man hinterher Interpretationen lesen muss, finde ich sie trotzdem irgendwie ingeressant, auch vom Aufbau her und so. In einer Folge z.B. geschehen (für meine Verhältnisse) sehr gruselige Dinge, aber gleichzeitig ist sie mit so einem Klangteppich aus Delta Wellen unterlegt, so dass man zwangsläufig in einen Schlafmodus kommt. Interessantes Experiment (wo es ja in der Serie auch viel um Experimente geht). Hat nicht jemand einen Tipp für eine Serie, die eher gute Laune macht, entspannt, und erheitert?
    Habe im Moment eine familiär eine schwierige Zeit und bin deswegen zu empfindlich für zu sehr aufwühlende Filme…

    „She’s gotta have it “ Neuauflage von Spike Lee (netflix) fand ich großartig und sehr vielschichtig, auch wenn es am Anfang so aussieht, als ginge es nur ums Liebesleben der Protagonistin. Aber weit gefehlt, auch wenn wie immer bei Lee viel gep..ppt wird, es geht in erster Linie um Kunst, um Kommerzialilsierung von Kunst, politische Wirkung von Kunst, um Gentrifizierung (hier von Brooklyn), es wird dem Künstler Prince eine fette Hommage gesetzt, um Freundschaft… Die Bilder sind ein Augenschmaus, also ein echter Spike Lee, diesmal als ganze Serie.

    Eure Serien da sind für mich Hasenfuss bestimmt beide viel zu gruselig. 😉

    1. Hallo,
      Ich find immer 80er ( spielt in den 80ern) ganz nett zum Relaxen. Schau doch mal nach Red Oaks auf Netflix. Mrs. Maisl fand ich auch gut zum Abschalten, weiß grad nicht, ob Netflix oder Amazon.
      LG und viel Kraft
      Christine

    2. Liebe Exilberlinerin,

      falls noch nicht gesehen oder auf dem Radar: The marvelous Mrs Maisel. Kommt auf Amazon Prime. Zum niederknien. Macht garantiert gute Laune!

      LG
      Roland

  6. Hallo KK,
    ich war auch total enttäuscht von beiden Serien.
    Ich habe fast das Gefühl als Banausin durchzugehen, aber den englischen Humor mag ich Zeiten von Boris Johnson irgendwie nicht mehr so anziehend.
    Nos4a2 ist eine Mogelpackung, die nicht weiß was sie will.
    Killing Eve hat mich dagegen auch begeistert. Der Cliffhanger der 2.Staffel hat mich gan aufgelöst zurückgelassen.

  7. Ich glaube, bei Good Omens gibt es wirklich nur lieben oder hassen – bei mir ist es ersteres, ich LIEBE(!) das Buch seit ewigen Zeiten und finde die Serie eine sehr gelungene Umsetzung davon (was aufgrund des Stils und der Struktur – z.B. wird im Buch extrem viel mit Fussnoten gearbeitet, die oft mit das Witzigste an dem Ganzen sind – gar nicht einfach ist). Und David Tennant und Michael Sheen sind einfach grandios zusammen!
    Ich gebe Dir allerdings recht, dass in Good Omens nicht viel passiert, allerdings lebt das Buch auch gar nicht von seiner Handlung (die ist eher Nebensache) und die Serie setzt das nahtlos um. Good Omens lebt eben von dem Humor und den mag man entweder oder man mag ihn nicht. Dein Gefühl mit Monty Python ist da auch gar nicht falsch, genausowenig wie das, dass es vielleicht schon ein bisschen angestaubt ist. Das Buch erschien 1990 und Neil Gaiman, von dem die Idee stammt, wurde da auch durchaus von z.B. den Monty Pythons und Douglas Adams inspiriert.
    Neil Gaiman hat ja zurzeit noch eine 2. Serie, American Gods. Da fand ich die 1. Staffel große klasse, die 2., die vor Kurzem lief, war leider eine ziemliche Enttäuschung.
    Was habe ich noch in letzter Zeit gesehen… von NOS4A2 (richtig?) habe ich nicht einmal die 1. Folge durchgehalten, so schrecklich war das. Chernobyl gehört dagegen mit zum Besten bisher in diesem Jahr, allerdings kann und will ich das gar nicht mit etwas wie Good Omens vergleichen, weil das so verschieden ist.
    Die 2. Staffel von Killing Eve kommt für mich leider nicht an die 1. heran, was vor allem daran liegt, dass Eve sich oft einfach so dermaßen dämlich anstellt und dämliche Entscheidungen trifft.
    Dann war noch die 5. Staffel Black Mirror und da fragt man sich doch wirklich, was hat Netflix aus dieser einst so großartigen Serie gemacht? Das war einfach nur grauenhaft…
    Sonst möchte ich gern allen Freunden des britischen Humors Fleabag ans Herz legen – von und mit Phoebe Waller-Bridge, von der auch die Idee zu Killing Eve stammt (und die dort einige der Episoden der 1. Staffel geschrieben hat und jetzt gerade dabei ist, dass Drehbuch zu Bond 25 zu überarbeiten). Gibt leider nur 2 kurze STaffeln, aber die sind mehr als sehenswert!

    1. Ähem, vor allem die 2. Staffel von Fleabag! Der grandiose Andrew Scott. Ich bin immer noch ganz wuschig von der Szene in der Beichtkanzel. So. Verdammt. Erotisch. Gottchen, da wird mir gleich wieder ganz warm in der unteren Etage. 😉
      Also, alle, die mal eine realistische und moderne und wiiiiirklich sexy Version von den Dornenvögeln sehen wollen, ran an diese Serie!

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