Auch ohne nun großartig über die allgegenwärtige Pandemie zu diskutieren, können wir uns aber sicher darauf einigen, dass es derzeit ein besonders großes Bedürfnis nach dem Gefühl von Sicherheit gibt. Das Leben hat sich verändert, alles fühlt sich hier und da anders an. Ich selbst habe gemerkt, wie ich immer öfter nach alten, wohl bekannten Dingen suche, die mir eine Art der psychischen Geborgenheit geben.
Erst ist es mir gar nicht so bewusst geworden: Immer wenn ich zum Beispiel auf Apple Music nach neuer Musik für meine Auto-Playlists gesucht habe, landete ich immer öfter bei den alten Hits meiner Jugend. Der Soundtrack, der die Schandtaten und Exzesse meiner wilden Zeit in den 80er und 90er Jahren untermalte. 😉
Tja, man schwelgt in Erinnerungen, und irgendwie verbuchte ich es unter Nostalgie und dem untrüglichen Zeichen des Älterwerdens.
Morgens sitze ich nach dem Durchforsten der aktuellen Nachrichten gerne noch ein Weilchen am Laptop und schaue ein paar Videos auf YouTube an. Ja, auch Katzenvideos können den Start in den Tag verbessern. Aber auch dort schlug irgendwann der Nostalgiehammer zu. Irgendwie bin ich auf das Werbefernsehen der Röhrenfernseher-Ära gekommen, und dort hängen geblieben.
Herrlich, als die Werbung noch so unbeschwert daherkam. Die gute Clementine im Latzanzug, Tilly mit den gepflegten Spülhänden, und dazu all die vielen Prilblumen. Bei „Du darfst“ wurde sogar dereinst gefragt: „Wollen auch Sie niemals dick werden?“ Und mit einem sonnigen Bacardi wurde sogar die WC-Ente erträglicher.
Und als das jeden Morgen plötzlich zu einem festen Ritual bei mir wurde (nicht der Bacardi!), fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Eine Flucht ist das.
In unsicheren Zeiten sehnen wir uns zu den Zeiten zurück, als das Leben noch vorhersehbar und „sicher“ erschien – so wie in der Timotei-Reklame.
Die Zeiten, als wir uns noch für unkaputtbar hielten, als das Leben schier unendlich erschien. Sich mit diesen Erinnerungen zu umgeben, bringt ein Stückchen heile Welt zurück – eben ein wenig das Gefühl von Geborgenheit. Und in Zeiten, in denen wir durch so viele Dinge, wie zB. fehlende soziale Kontakte durch Isolation und Homeoffice, ein Gefühl von „ich bin auf mich allein gestellt“ erleben, oder wir uns sogar womöglich aus unserem sozialen Gefüge „vertrieben“ fühlen, suchen wir uns einen Ersatz.
Man verwendet wieder das alte Parfüm von früher, trägt die Klamotten, die man eigentlich schon ausgemustert hatte, entdeckt plötzlich wieder alte Marken, alte Fotos, ein altes Hobby. Man meldet sich mal wieder bei alten Freunden, kocht Omas Rezepte (Vorsicht beim Essen als Realitätsflucht, das wird leider schnell zum Teufelskreis), die man aus Kindertagen kennt, oder liest das Buch nochmal, das bereits vor 20 Jahren neben dem Bett auf dem Nachttisch lag.
Ein Stück von der Welt, als sie noch anders war. Besser? Keine Ahnung, aber es fühlt sich so an. Ich nutze meinen Hang zur Nostalgie aktiv aus, genieße das warme Gefühl, dass sich ausbreitet, und freue mich trotzdem auf einen Neustart – wie immer der aussehen wird, und wann immer wir ihn endlich erwarten können.
Habt Ihr auch Rituale zur Ablenkung, als kleine Flucht aus dem seltsamen Alltag?
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(Foto: Pixabay. Keinerlei Sponsoring)
Guten Morgen,
mir geht es genauso ! Das hat aber, glaube ich, gar nichts mit Corona zu tun, sondern mit dem Alter. Plötzlich mag man Nivea Creme und Lavendel Seife. Von alten liebgewordenen Klamotten kann man sich auchnicht mehr trennen.
Du hast die Werbung von Speick Seife ( wohnt hier auch ) mit Luis Trenker und Hormocenta Creme mit Marika Röck vergessen. Ich habe mir jetzt ein DDR- Kochbuch gekauft obwohl ich Wessi bin. Hauptsache einfach und altmodisch.
So, muss jetzt los und ohne Schreibmaschine mit blauem Durchschlagspapier arbeiten. Das Video schaue ich heute Abend.
Allen einen schönen Tag, es wird bestimmt besser!
Hallo KK, ich lese auch gerade alte Bücher aus der Jugend, nein kein Harry Potter. 😉 Erst gestern habe ich mir ein altes Parfüm auf ebay ersteigert: Eine vintage Flasche Samsara, und Poison (hattest du da nicht mal berichtet?). Das bringt Erinnerungen zurück!! Ich freu mich schon so.
Anderes Thema: Hat gestern jemand den Clinique Livestream gesehen? Da wurde eine Retinolcreme vorgestellt. Ist die neu? Kennt die irgendjemand?
Bald ist Wochenende, haltet durch! 🙂
Sabiene
Schau mal:
https://konsumkaiser.com/2021/01/11/skincare-neues-im-januar-2021-fuer-oelige-haut-und-anti-aging-mit-retinol-von-clinique/
Liebe Grüße
KK
Wow, Danke!! 🙂
Guten Morgen, was für Erinnerungen… Da gab es noch Schnapswerbung im TV und es war offenbar völlig normal, mit Bommerlunder in der Tasche zur Arbeit zu gehen 😱. Den Braun Hairstyler hatten wir zuhause auch 😀. Sonnige Grüße, Tina
Guten Morgen, schöner Rückblick oder wie man ja heute gerne dazu sagt : Throwback 😉
Und nicht zu vergessen: wenn ein fremder Mann Dir plötzlich Blumen schenkt, könnte das an Impuls liegen…..
Was war das ein fies süßer Kram aber wir haben alle voller Überzeugung danach „geduftet“.
Sonnige Grüße
Eileen
Ich hör Fleetwood Mac und Van Morrison……..und schau mir wieder gerne alte Filme an, so aus den 80ern. Filme von Truffaut oder Jim Jarmusch und witzigerweise finden die auch meine Jungs (25 und 21) richtig gut. Liegt – neben Corona und dem Alter – momentan sicher auch daran, dass das Fernsehprogramm grottenschlecht ist.
Guten Morgen lieber KK,
ich glaube, das hat nichts mit Corona zu tun. Es ist der Soundtrack unserer Jugend und hat heute was mit dem Alter zu tun. Unbeschwert, keine Schmerzen, ich konnte Nächte durchmachen. Das sieht heute alles anders aus. Durchgemachte Nächte verursachen mir übelstes Kopfweh, habe OPs hinter mir, und wenn es kalt und feucht ist, kann ich schlecht gehen. Früher konnte ich mir Nivea ins Gesicht schmieren (das hab ich auch getan), heute bekomme ich davon Ausschlag. Job und Miete war kein Problem, überhaupt gab es weniger Wohnungsnot. Es war alles bezahlbarer.
Bei Düften war ich aber immer eigenwillig. Was war das für eine Zeit, als Yves Saint Laurent nackt für Opium posierte. Für diesen Duft gab es Wartelisten. Ich hab mich eintragen lassen und war stolz wie Oskar, als ich den begehrten Flakon in Händen hielt. Diors Poison, danach duftete dann alles, wirklich alles. Nicht dezent. Das ist nicht zu vergleichen mit heute. Und es hat für mich nichts mit Corona zu tun.
Ich denke, das ich den anderen auch Recht geben muss, denn dieses Phänomen beobachte ich seit Jahren, bei meinen Eltern. Wenn ich in Anwesenheit meiner Söhne, mal etwas nettes aus ihrem Kindesalter erzähle, gehen die Augenbrauen ganz süffisant nach oben, und es heißt, du hörst dich an wie Oma & Opa. Und wenn man viel Muße hat, schwelgt man gern in angenehmen Erinnerungen.
Ich wünsche euch einen schönen Tag mit schönen Erinnerungen 😊
Ich habe letztes Wochenende angefangen „ich heirate eine Familie“ zu schaun 🙈
Herrlich, auch ich (64) erwische mich dabei, Oldies wieder gut zu finden. Ich bin noch vor der Wende aus der DDR geflüchtet und hatte von diesem Staat die Schn… gestrichen voll. Aber manchmal kommen gute Erinnerungen hoch. Das nennt man false memory effect. Ich glaube nicht, dass früher alles besser war. Anders, nicht so hektisch. Aber ich möchte die guten alten Zeiten nicht zurück. Trotzdem kann man sich ja mit Fa duschen, der guten Zeiten wegen. Ich bin froh, dass alles moderner, bequemer und praktischer geworden ist.
suchen wir uns einen Ersatz
– man könnte sich überlegen, ob das der Ersatz für das Lebensgefühl unmittelbar vor der Pandemiezeit ist oder die Essenz des Selbst und die eigene Prägung, auf die man sich, etwas sehr verfrüht zwar, zurückgeworfen sieht, etwas, das sonst Leuten in deutlichen höherem Alter passiert, wenn sie das Haus nicht mehr verlassen können. Ich denke, dass darin sogar die Ähnlichkeit liegt.
Aber schon herrlich, woran man sich erinnert. Meine Erwartung an das Leben, das in den Achtzigern Fahrt aufnahm, ist so sehr unterschieden von dem, was daraus wurde: Technologien, die man nur bei Star Trek gesehen hatte, politische Umstürze, die wirklich alles veränderten.
Und komisch: Die No-Future-Generation, älter als ich, hatte als Generation gerade so eben noch eine gesellschaftliche Zukunft mit grosso modo gelingenden Berufschancen und Eigentumserwerb. Danach fingen die merkwürdigen Zeiten an, die so gar nicht viel mit Timothe-Werbung, Fa-Dusche und Caro-Kaffee zu hatten, sondern eher mit Hauen und Stechen am Arbeitsmarkt.
Klar, diese alte Welt war eine schönere, weil man eben so vieles nicht wußte und auch, weil es nicht so viel Auswahl gab. Es gab den Strauss und den Wehner und eine Prise Graf Lambsdorff. Es gab nicht so sehr diese massive Verunsicherung, was das richtige sei – denn man konnte auch sehr genau sehen, was man nicht wollte -, und auch das Bewusstsein der Komplexität der Welt war allgemein nicht so vorhanden.
Die Beunruhigung, die Verunsicherung der Jetztzeit hängt m.E. sehr stark mit den sog. Sozialen Medien zusammen, die jederzeit theoretisch alles bieten und jederzeit zu einer Meinung das x-fache an anderen Meinungen zum selben Thema aufzeigen.
Aber hey, es gibt auch Gutes zu nennen, nur sollte es selbst nicht heißlaufen und toxisch werden und sich im kleinklein eines ewigen Hickhacks totlaufen, auf dass es dann doch wie fast immer zum Backlash kommt:
Stichwort Emanzipationsbewegungen. Deren Bestrebungen sind noch lange nicht umgesetzt, und es sind die Zeitdauer von damals™ bis heute und die zwar vorhandenen, aber immer noch mangelhaften Fortschritte, die so zermürben. Zusammen mit dem Hauen und Stechen am Arbeitsmarkt ist das echt etwas, das fertig machen könnte, wenn man nicht Kräfte mobilisiert.
Um mich zu entspannen, lese ich übrigens wieder die Klassiker Asterix + Obelix. Herrlich!
(Wann werden Dallas und Denver wieder ausgestrahlt?
Übrigens, die Hipstermode erinnert verdächtig an die Achtziger: hochgeschnittene Jeans, weiße Socken, weiße Turnschuhe, Bomberjacken. Die Brillen! Da fehlt doch nur noch Minipli und Karottenhose. 🤣)
Lieber KK,
danke für den Tipp vom Desinfektionsmittel von Handz.
Ich habe gleich das ganze Set am Sonntag bestellt und sie sind heute angekommen (für eine Lieferung nach Österreich recht flott).
Ich bin sehr begeistert von den Sprays. Fühlen sich angenehm auf der Haut an und duften unaufdringlich gut und hübsch anzusehen sind sie auch. Was will man mehr 😀
LG aus Wien
Eva
Oh ha ! Da geht sofort das Retro-Kopfkino los. Als Teenie trug ich Magie Noir von Lancôme. Wahnsinn, so ein schwerer, süsser Duft für so ein ganz junges Mädchen. Aber sagen hab ich mir natürlich auch nichts lassen, das gehört dazu.
Ich hab gerade die Werbung geschaut und Tränen gelacht…. Das werde ich mal wiederholen, super, was waren das noch schöne Zeiten. Daran kann man klar und einfach erkennen, das wir von ungelernten, bei vollen Bezügen freigestellten L……., kaputt regiert wurden.
Wüstenrot „als sich ein Briefträger noch ein alleinstehendes Haus mit großem Garten und Kinder leisten konnte..“ da sieht man doch wo die Reise hingegangen ist.
Viele Grüße in die Runde