LIFESTYLE: FRIEDE, FREUDE, EIERKUCHEN FOREVER? DIE NAHEZU HYSTERISCHE SUCHE NACH DEM GLÜCK

Mehr Glück und Zufriedenheit, stets in einer zufrieden-glücklichen Blase leben? Unser Leben noch weiter optimieren, um die Stimmung weiter und weiter zu verbessern? Doch wer den Fokus nur auf die absolut positiven Dinge des Lebens legt, fällt womöglich nur auf leichtfertige Versprechen rein? Eine Kritik am Streben nach dem ewigen Glück und Erfolg.

 

Letztens las ich vom „Journaling“, eine Methode, die man auch anwenden kann, um mehr Glück und Dankbarkeit für sein Leben zu empfinden.

Nun bin ich von Hause aus ein eher zufriedener und ruhiger Mensch, der sehr leicht das Gefühl von Glück und Zufriedenheit erlebt, auch wenn ich ebenfalls genau weiß, dass es viele Dinge um mich herum gibt, die eben nicht gerade glücklich stimmen.

Und das soll ich also nun im Journal ausblenden, mich auf die Feuerwerke meines Tages besinnen, dies aufschreiben, und dazu noch wie die Glücksmomente entstanden sind, und wieviel Dankbarkeit ich dazu empfinde, dass ich DAS erleben durfte.

Mal ganz davon abgesehen, dass der Durchschnittsmensch wohl kaum so viel Zeit zur Verfügung hat, sich besinnend ein paar Stündchen niederzusetzen und eine halb-philosophische Dankesrede an den Tag zu verfassen, glaube ich auch nicht, dass das wirklich zielführend ist.

Sorry, aber in Wirklichkeit wirkt das auf mich, wie eine Beschäftigungsmethode für Menschen, die den ganzen Tag nicht wirklich viel zu tun haben, und nun einen Sinn und eine Struktur in den Tag bringen möchten. Ok, das kann ja auch nötig sein, und im Ergebnis vielleicht auch glücklich(er) machen?

Trotzdem: ich sehe es hier auf Gran Canaria. Der Wechsel der Jahreszeiten ist hier nur sehr schwach ausgeprägt. Nach über einem Jahr Sommer ist es tatsächlich so, dass man „vergisst“, wie froh man über das herrliche Wetter sein kann. Die Kontraste sind aber notwendig, um unterscheiden zu können, ob man sich gerade in einer guten oder blöden Situation befindet. Wenn ich niemals krank werde, weiß ich meine Gesundheit kaum zu schätzen und nehme sie als selbstverständlich hin. Ewiges Glück und ständige Zufriedenheit kann und darf also meiner Meinung nach nicht erstrebenswert sein.

Wenn ich mein Leben auf ewiges Glück, mehr Erfolg und Zufriedenheit trimme, wo bleibt dann die Triebfeder? Das müsste dann ja, wie ein Muskel, den man nicht mehr braucht, immer weiter abgebaut werden, da die Natur nur höchst effizient arbeitet.

„Besser Leben“, als Motto wie „Schöner Wohnen“ halte ich mitunter für gefährlich, denn wo fängt das an, wo hört es auf? Bürgergeldempfänger, Menschen mit ernsthaften Krankheiten, Obdachlose dürfen sich bestimmt ein „besseres Leben“ wünschen, aber als Optimierungsleitspruch einer Situation, die aus dem beigen Wohnzimmer ins willig unsere Wünsche annehmende Universum geschickt werden?

Vielleicht macht man mal ein Journal über die Unzulänglichkeiten des persönlichen Seins. Was hat der Tag an Kacke gebracht? Und in der Nachbetrachtung – war das wirklich so schlimm?

Die Denkschule von Martin Seligman, der in der 90ern u.a. den Gedanken des positiven Denkens verbreitete, macht Sinn, aber eben auch nicht, verallgemeinern kann man da meiner Ansicht nach überhaupt nicht, sodass all die Glücks-Coaches und Gurus in meinen Augen ein eher dämliches Zeitgeistphänomen sind.

Von all dem Druck mal zu schweigen, denn was macht man, wenn nix hilft, man trotzdem unglücklich ist, sein Leben sich nicht „optimieren“ lässt, keine unendliche Dankbarkeit durch einen strömt? Ist man zu doof, zu faul, die Anderen schaffen das doch (scheinbar) auch?

Liegt da womöglich eine Erkrankung zu Grunde? Und war es sinnvoll mit einem Glücksbuch dagegen vorzugehen, oder hätte man nicht lieber gleich mal Fachleute befragt?  (Mal ganz davon abgesehen, dass es bei uns einem Lotteriegewinn gleichkommt, einen raschen Termin bei einer psychologischen Fachkraft zu bekommen, was wiederum den Erfolg der Glücksgurus in Teilen erklärt)

Wir leben heute in einer Gesellschaft, in der soziale Sicherheit oder überhaupt Sicherheiten immer mehr wegbrechen. Da ist dann natürlich dieses Versprechen verlockend, dass man aus sich selbst heraus, ohne auf die Solidarität von anderen angewiesen zu sein, sein Leben hin „zum Guten“ managen kann.

Aber blindes Vertrauen in Konzepte hat noch nie, nie, nie gut getan. Also, neben all den Glücksversprechen die Augen offen halten und das Bauchgefühl befragen. Bringt mir das wirklich was, oder beschäftige ich mich nur und lenke mich ab?

 

Nur weil man es heutzutage ja immer wieder dazu sagen muss: Das ist meine (derzeitige) Meinung, die auch nicht allgemeingültig ist, oder sein will, und ich lasse mich gerne auch von anderen Dingen überzeugen. Es handelt sich um Gedanken, und nicht um Befehle, wie andere ihr Leben zu leben haben. Es ist erlaubt dem zuzustimmen, oder eine völlig konträre Meinung zu haben.

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(Foto: Pixabay, keinerlei Sponsoring)

 


7 Gedanken zu “LIFESTYLE: FRIEDE, FREUDE, EIERKUCHEN FOREVER? DIE NAHEZU HYSTERISCHE SUCHE NACH DEM GLÜCK

  1. Ich möchte jetzt nicht zickig rüberkommen (falls es so klingt, entschuldige ich mich schon mal im Voraus…), aber du solltest dich dringend erst mal näher mit Journaling beschäftigen, bevor du die Methode verreißt!
    Journaling bedeutet Tagebuch, nicht mehr und nicht weniger. Da schreibt man hinein, was man so erlebt hat, Positives und Negatives. Es gibt daneben aber noch jede Menge spezifische Methoden.

    Meinst du vielleicht ein Bullet Journal? Das ist nicht dafür da, um Lobeshymnen auf den Tag zu verfassen, sondern um die Produktivität zu steigern und zu optimieren. Du notierst da deine Aufgaben, Termine etc., führst eventuell Tracker, um Gewohnheiten zu ändern. Ja, man kann täglich etwas aufschreiben, wofür man dankbar ist, das ist aber kein Muss. Empfohlen wird die Dankbarkeitsliste insbesondere Menschen, die zu depressiven Phasen neigen, da sie den Fokus auf die positiven Dinge setzt. Das ist eine psychologische Geschichte, die nichts mit „Glückssuche“ zu tun hat! Der Vorteil vom Bullet Journal ist, dass man es ganz auf seine eigenen Bedürfnisse zuschneiden kann. Manche Menschen werden richtig kreativ, andere verwalten tatsächlich nur ganz minimalistisch ihre Termine und sonstige To-Do’s.

    Ich selbst führe ein Bullet Journal und ein Faith Journal, für beide zusammen benötige ich nicht mehr als höchsten 15 Minuten am Tag.

    Übrigens bin ich der Meinung, je mehr Erfolgsstreben und Besitz in einer Gesellschaft wichtig ist, desto unglücklicher ist sie. Deutschland versinkt in der Glücksstatistik jedes Jahr irgendwo im Nirgendwo. Die skandinavischen Länder, in denen das Anhäufen von Besitz nicht angestrebt wird und eher Geselligkeit und der Aufenthalt in der Natur wichtig ist, stehen regelmäßig ganz oben. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!

    1. Hallo Andrea, ich stimme dir beim letzten Drittel deines Kommis zu 100% zu. Bei der Empfehlung „mich erst einmal näher mit Journaling zu beschäftigen, ehe ich es verreiße“, empfehle ich dir jedoch meinen Text auch aufmerksam zu lesen. 😉

      Journaling habe ich nicht „verrissen“, sondern als sichtbares Symptom eines Problems angeführt. Und natürlich gibt es unzählige Spielarten, Aber das wichtige Wort in meinem Text war „…eine Methode, die man AUCH anwenden kann, um…“

      Also bitte nicht aufregen, wenn ich in deinen Augen als Fachfrau, hier angekündigt („…auch…“) verallgemeinere.

      Liebe Grüße

      KK

      1. Ich habe mich doch gar nicht wirklich aufgeregt. Alles gut! 🥰

        Als Symptom für die Glückssuche sehe ich es trotzdem nicht. Es ist eher ein Symptom der Überforderung! Ich habe mich anfangs gründlich eingelesen, jede Menge Videos bei YouTube geschaut und festgestellt, dass die meisten das Journaling als Methode gegen ihr persönliches Chaos anwenden. Arbeit, Haushalt, Haustiere, Kind – viele kommen verständlicherweise ins Schleudern und bringen mit Hilfe des Journals Struktur in ihren Alltag. Die von dir angeführte Dankbarkeitsliste haben wirklich nur diejenigen als Muss angesehen, die unter Depressionen leiden oder schon mal einen Burnout hatten (wobei letzteres ja auch eine Form der Depression ist).

        Beim Jagen nach Glück fallen mir vor allem diese unzähligen Ratgeber auf. „So veränderst du dein Mindset und lebst glücklich und zufrieden“ oder so. Eines schlechter als das andere. Persönlichkeitscoaching ist der absolute Renner und die Leute springen auf den Zug auf wie die Lemminge. Gruselig.

        1. Meine ich ja auch, all diese Ratgeber und „guten Empfehlungen“, zB. auch auf Blogs, usw. Um einen text einzuleiten braucht man ja einen „Aufhänger“, und dazu diente das Journaling, eben auch, weil es gerade (mal wieder) so als Allheilmittel empfohlen wird.

          Bei Depressionen haben Studien sogar ergeben, dass das nutzlos bis kontraproduktiv sein kann. Weswegen ich auch gar nicht großartig auf das Journaling eingehe, sondern dann doch eben ehr auf den Grundgedanken vieler Menschen, die glauben, ihr Leben verbessern zu müssen, warum auch immer.

          Produktivität zu verbessern ist zwar auch gut gemeint, ist aber auch zu hinterfragen, denn wem dient das im Endeffekt mehr? Der Wirtschaft, oder doch den Einzelnen? Und hat davon wirklich jeder etwas, oder kollabiert man irgendwann dann doch, wie der Arbeitsroboter, der zwar keine Ermüdungserscheinungen mehr zeigt, aber schneller verschleißt und auch kaputt geht?

          Meine Themen kratzen ja immer nur an der Oberfläche (Blog halt), versuchen aber immer, dass man den Gedanken weiterspinnt, weil sich so viele Schichten damit verbinden.

          Daher bin ich ganz froh über deinen Einwurf, da ich nun noch ein paar Dinge dazu schreiben konnte, die vielleicht oben gefehlt haben.

  2. <i>Wir leben heute in einer Gesellschaft, in der soziale Sicherheit oder überhaupt Sicherheiten immer mehr wegbrechen. Da ist dann natürlich dieses Versprechen verlockend, dass man aus sich selbst heraus, ohne auf die Solidarität von anderen angewiesen zu sein, sein Leben hin „zum Guten“ managen kann.</i>

    Ja, dem schließe ich mich an, und möchte anfügen, dass wir heute in einer Gesellschaft leben, die an Absurdität kaum zu überbieten ist. Das fällt auf, wird aber in der Öffentlichkeit (Medien, 4. Macht im Staat) zumeist ignoriert.

    Beispiel? Der Klimawandel. Alle Wissenschaftler auf diesem Gebiet sind sich einig, dass er menschengemacht ist. Die an sich in der Masse irrelevanten Ausreisser werden als Grundlage für eine bestimmte politische Richtung genommen, um noch mehr Verunsicherung zu schüren.

    Noch ein Beispiel? Die WHO hat ganze zwei Jahre gebraucht, um festzustellen, dass die Übertragung des C.-Virus via Aerosole stattfindet. Derzeit doktert sie an Begrifflichkeiten (‚through air‘) herum, um bloss nicht den etablierten Begriff ‚airborne‘ sagen zu müssen, den sie lange ignoriert hat. ‚Airborne‘ und Aerosole verwenden etablierte Wissenschaftler unisono seit Jahren, auch und gerade bei SARS. Es gilt: sowie eine Übertragung über Oberflächen vom Tisch ist, sind Politik, Behörden und Unternehmen gefordert, die Luft zu reinigen, um die Krankheitshäufigkeit der Menschen zu verringern. <i>Das</i> würde bedeuten, mit dem Virus leben zu lernen; ignorieren hilft nicht weiter. Es ist aber billiger und arbeitsärmer, auf Handdesinfektion zu setzen (sie macht schon Sinn, wenn ein gar nicht mal so seltenes Exemplar von Ferkel sein Taschentuch vollrotzt und dann die nächste Türklinke bedient). Und noch billiger, alle Analysedaten abzuklemmen und Tests zu erschweren (keine Tests = keine Pandemie).

    Wie auch immer.

    Angesichts dessen ist man natürlich sehr auf sich selbst zurückgeworfen, mit solchen Dissonanzen und mangelndem ethischen Bewusstsein einigermaßen umzugehen, ohne in Melancholie zu verfallen. Dem einen hilft aufschreiben, der anderen aufräumen oder Hobbys.

    Zufriedenheit ist doch das eigentlich große Ziel, Glück fällt als kleine Schneeflocke ❄️ oder als kleines Blütenblättchen 🌸 dazwischen.

  3. Glück ist die Freude an der Wiederholung. Z.B. wenn ich meinen Kosmetikschrank öffne……..Oder der Jagdhund, der jeden morgen mit Herrchen Brötchen holen geht und jedesmal eins bekommt.

  4. Finde das Thema äußerst interessant und wichtig ( auch wenn ich gerade nicht mitdiskutieren möchte)- und danke dir, lieber KK für den spannenden Beitrag und euch anderen für eure Meinungen dazu…..

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