LIFESTYLE: WOHER KOMMT DIE FASZINATION FÜR DIE NETFLIX-SERIE „SQUID GAME“?

Weltweit ist die koreanische Netflix-Serie „Squid Game“ ein riesiger Erfolg, denn weit über 111 Millionen Menschen haben sich den brutalen Wettkampf um Leben, Tod und Geld weltweit bereits angeschaut. Wahrlich kein Kinderspiel, auch wenn es zuerst den Anschein hat. Doch wo liegt die Faszination, menschenverachtende Szenen freiwillig zu ertragen?

 

 

Konnte man der sexy Netflix-Serie „Bridgerton“ im letzten Jahr noch Beihilfe zum Eskapismus attestieren, so bin ich in diesem Jahr mit meinem Latein am Ende. Grausam und seltsam erscheint der neue Serienhit „Squid Game“ aus Süd-Korea, der Bridgerton zuschauertechnisch mühelos in die Tasche steckt.

Gleich von der ersten Sekunde an, wirkt alles etwas fremd und andersartig, kein Wunder, diese Serie versucht gar nicht besonders westlich zu erscheinen, sie setzt voll auf den asiatischen Kulturraum, und wir schauen ein wenig angestrengt zu.

Worum geht es?

Die gnadenlose Serie erzählt seit September in neun Folgen die Geschichte von höchst unterschiedlichen Menschen, die sich verschuldet haben und sich deshalb auf diese Spiele einlassen, weil am Ende ein Preisgeld in unglaublicher Höhe winkt.
Jedoch nur für eine oder einen von ihnen – alle anderen sterben. Es geht also ums nackte Überleben, während sich die Reichen als Publikum am Kampf der Armen ergötzen.
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Nun bin ich nicht unbedingt ein Fan von grausamen Brutalo-Serien, aber irgendwoher musste der Hype doch kommen, daher habe ich mir nur eine Folge anschauen wollen. Kurze Zeit später hatte ich dann doch alle neun Folgen geschaut, musste allerdings hier und da etwas vorspringen, weil viele Szenen einfach nicht erträglich waren.
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Trotz des ungewohnt asiatischen Settings, inklusive teils holprig-ungewohnter Dialoge, konnte die Serie mich irgendwie fesseln, denn die Charaktere (sympathisch wie unsympathisch) kommen teilweise recht nah an den Zuschauer heran. Das gelingt wirklich gut, denn das Schicksal der Teilnehmerinnen (die deutlich unterrepräsentiert sind) und Teilnehmer geht an die Nerven. Immer wieder kommen Vergleiche auf, und man fragt sich sogar, ob man selbst in eine solche Situation geraten könne.
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Und dann wären da die Spiele, das worum es eigentlich geht. An alte asiatische Kinderspiele angelehnte Gladiatorenkämpfe, bei denen viele ihr Leben lassen müssen, und die mittlerweile auf den Schulhöfen der Welt so gerne nachgespielt werden.
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Ich bin mir nicht sicher, ob das ausreichend für einen all zu ängstlichen Aufschrei aus dem Elternlager sein wird, denn genauso schnell wird dieser Plot auch langweilig. Da kennen die reizüberfluteten Kids von heute sicherlich Aufwühlenderes aus dem Videospiellager. Ein Verbot für den Nachwuchs wäre sicher kontraproduktiv, da sehe ich mehr Erfolg im gemeinsamen Gespräch über die Serie und eine reflektierte Einordnung dadurch.
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Was das aber insgesamt mit den Gemütern macht, frage ich mich dann doch. Ist das nicht eine dieser viel zitierten Formen der langsamen Verrohung? Warum schaut man neun Folgen lang Menschen zu, die ausser ihrem Leben kaum noch etwas besitzen, und dieses nun aufs (letzte) Spiel setzen? Ist es so herausfordernd, grundlegende Bedürfnisse wie soziale Existenz und Sicherheit durch den Faktor „überleben müssen“ zu verstärken, es stärker zu „spüren“ – während man in „Sicherheit“ auf der Couch sitzt?
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Ein Stündchen das Gesehene im Ethikunterricht aufarbeiten wäre sicher nicht verkehrt, vielleicht auch bei uns Erwachsenen.
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Mich lässt die Serie etwas ratlos zurück, denn unerwartet habe ich mich durch die zynische Sozialkritik auch unterhalten gefühlt. Doch das ungewohnte Menschenbild, das Serien aus Südkorea immer öfter in die Welt transportieren, irritiert mich auch. Allein schon die Darstellung von Frauen ist höchst diskussionswürdig für unser Empfinden, und mich wundert, dass es dazu nicht schon mehr Stimmen gibt, die ebenfalls hoffen, dass diese Serien keinen all zu großen Eindruck auf unser Leben hinterlassen werden.
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Habt IHR die Serie geschaut?
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Morgen gibt es den Trendbarometer-Monatsrückblick, und da kann ich noch eine kleine und sehr nette Überraschung präsentieren…für alle, die gerade das allgegenwärtige Black-Wasauchimmer Shopping-Fieber scheuen, weil die Angebote teilweise doch ziemlich künstlich aufgebauscht wirken.
(Fotos: Netflix.  Keinerlei Sponsoring)

10 Gedanken zu “LIFESTYLE: WOHER KOMMT DIE FASZINATION FÜR DIE NETFLIX-SERIE „SQUID GAME“?

  1. An der Schule meiner Tochter (Realschule) haben einige Schüler die Serie „nachgespielt“. Leider ist das tatsächlich so. Ein Schüler liegt jetzt im Krankenhaus – statt Sterben zu müssen würde er extrem geschlagen. Auf den Elternbriefen stand vor einer Woche, die Eltern sollten doch aufpassen, dass ihre Kinder die Serie nicht schauen.

  2. Ich hab mir die Serie auch angesehen – eigentlich deshalb, weil in Italien stimmen laut wurden, diese zu verbieten. Dadurch bin ich drauf aufmerksam geworden. Und ja, ich habe alle Folgen angesehen. Was macht es mit einem? Ich weiß es nicht, ich bin reflektiert genug, um zwischen „Film“ und „Wirklichkeit“ einen Unterschied zu machen. Ich finde diese Serie nicht schlimmer als zB „walking dead“ oder, um einen ganz alten Film herzunehmen „soylent green“, der ist irgendwann in den 70ern entstanden und ist eigentlich auch extrem erschreckend!
    Von den Computerspielen, wo es nur ums Töten geht, red ich mal gar nicht.
    Was ich eigentlich sagen will – diese Serie ist mM nach nur eine von vielen, jetzt halt in aller Munde – aber „Verrohung“ hat Menschen schon seit jeher fasziniert.
    LG, Chiara

  3. Da ich kein Netflix habe, bin ich hier aussen vor. Ich stimme Chiara aber zu, dass es sowas eigentlich schon immer gegeben hat. Meine erste Erinnerung war das Buch (und Film) „Menschenjagd“ von Stephen King alias Richard Bachmann. Da ist die Geschichte ähnlich, wenn ich mich recht erinnere.
    Aber auch früher gab es das bereits, ich sag nur Brot und Spiele.
    Warum man aber wie gefangen ist und am Ende doch alle Folgen schaut, kann ich sofort nachvollziehen. Mir geht es so mit dem Report der Magd. Nach dem Buch und auch dem Kinofilm Anfang der 90er schau ich nun mit einem Schauer die Serie. Allerdings muss ich in der passenenden „Stimmung“ dazu sein.
    Ein grosses Problem im Falle von Squid Game ist, dass es anscheinend mancherorts für Kinder und Jugendliche leicht zugänglich ist. Zum Glück ist das bei unserem Sohn (10 Jahre) noch kein Thema. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass es Klassenkameraden gibt, die das schauen.
    Aber zurück zum Thema, warum wir solche Dinge schauen? Manchmal denke ich mir, dass wir solche Filme/Bücher als Gegenstück zu unserem Leben brauchen. Zumindest ich freue mich dann wieder, dass es mir „gut geht“
    lg Primula, die übrigens auch schrecklich gerne Krimis schaut, (mE nur eine abgeschwächte Form solcher Szenarien)

    1. Der Report der Magd – puh, da hab ich auch nicht aufhören können und ewig gesucht um alle Staffeln direkt und gleich nacheinander anzuschauen 😉
      lg, Chiara

  4. Hallo,
    Hab die Serie nicht geschaut und verweigere sowas zumeist auch- hab aber einen Teil und vor allem den Schluss mitbekommen, weil mein Mann geschaut .
    Er ist auch Fan von Koreanischen Filmen. Da gibt es das Thema Rache (Old Boy) oder auch extrem kitschige Romanzen (My Sassy Girl) oder kindisch anmutende Komödien. Ja, die koreanischen Filme sind anders, ist halt eine andere Kultur und sicherlich ist das abseits vom Grusel und Schrecken auch Teil der Faszination.
    Ich für meinen Teil kann sagen, dass ich immer empfindlicher werde mit dem Alter, nicht umsonst hat man sich früher in Filme geschmuggelt, für die man zu jung war (Allgemein, ich nicht) Verbot und Abscheulichkeit ist wohl eine attraktive Kombination…
    Selbst hab ich damals auch gern Kill Bill angeschaut und aktuell auch die verfügbaren Staffeln von handmaid‘s Tail alias Reporte der Magd. Allerdings nur in der richtigen Verfassung- wenn’s mir nicht gut geht brauch ich was unkompliziertes um nicht zu sagen flaches.

    Interessanterweise machen mir realistische Darstellungen von Elend (historische Medizinserien wie Call the Midwife oder aktuell The Knick, beide sehr empfehlenswert) nichts aus, mein Mann kann nicht hinschauen😉

    So das wurde länger als geplant
    LG Christine

  5. Ach ja, spanische und skandinavische Krimis haben’s auch ganz schön in sich und sind auf eine ganz spezielle Art düster, da muss man nicht auf Asien zeigen…

    1. Da geb ich dir Recht, bin totaler Fan von…und manchmal muss es nicht mal ein Krimi sein…..

  6. Hallo, Tribute von Panem, Saw ( das ist schon schlimmer), Alice in Borderland /netflix -hier werden auch Leute getötet mich nimmt das nicht so mit als abgehärteter Horrorfilm-Junkie. 😉

    Die Serie ist mal anders aufgebaut, interessant. Im Horrorbereich ist es leider etwas langweilig geworden, da sich vieles ähnelt.

    Nur wenn die Kinder das schon sehen, da hört es sich auf! Bei uns in der 3. Klasse Volksschule gab es auch ein Gespräch, dass sie das bitte nicht ansehen sollen. Meine vorlaute Tochter: die Mama schaut das auch. Ahhhh

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