SKINCARE: ABGEBRÜHTE KOSMETIKVERKÄUFER IM SCHAFSPELZ

Bei Influencern weiß man wenigstens woran man ist: Mittlerweile kennt sie jeder, die selbsternannten Marktschreier ohne Berufsausbildung, aber mit eigenem Kamerateam und mega Photoshop-Kenntnissen. Ein weiter Zweig des aggressiven Marketings sind aktuell Webseiten, die so tun, als seien sie nette Blogs von nebenan. Schaut man aber genauer hin, sind sie nichts weiter als perfekte Verkaufsmaschinen. Modernste Cashcows: Wenig Aufwand, viel Gewinn, und dabei wird munter gemogelt…

 

 

Googelt man nach „beste Hautcreme“ oder „Augencreme Test“, landet man oftmals bei ziemlich zwielichtigen Seiten, denen man das aber leider meist nicht sofort ansieht. Blogs sind immer noch irgendwie angesagt, und lieber die Meinung eines gesponserten Bloggers lesen, als all die falschen Rezensionen auf Amazon und Co.

Doch was manchmal aussieht wie eine nette flauschige Studentenclique, die sich selbstlos aufgemacht hat, die Produktwelt von oben bis unten möglichst ehrlich und authentisch zu durchforsten, ist in Wirklichkeit ein gut durchdachtes Geschäftsmodell.

Besonders schnell findet man diese Seiten, wenn man nach irgendeinem „besten“ Produkt, „Test“ oder „Vergleich“ sucht. Und dann kommen sie: Die Versprechung der zahlreichen Rankings, hier nun die beste Augenpflege, das beste Bügeleisen oder die beste Menstruationstasse zu finden. Immer natürlich von echten Menschen ausprobiert und für megatoll befunden, so authentisch wie von der besten Freundin empfohlen, ganz ehrlich. Würg!

Wer sich im Internet nicht ganz so schlafwandlerisch auskennt, wird erstmal dankbar für diese Angebote sein, denn sie erinnern ein wenig an Stiftung Warentest, vergeben Punkte, Herzchen, Rankingplätze oder Daumen hoch, und dabei erzählen sie auch noch eine Story. Dabei ist der redaktionelle Teil mal größer mal kleiner. Meist ist es dreist abgeschrieben, und auch ich habe schon einige meiner Texte (zB. zu Retinol) auf solchen Seiten wiedergefunden.

Einige haben sich sogar ein „TÜV Siegel“ gekauft, um die Seriosität zu unterstreichen. Dabei werden allerdings ganz andere Parameter untersucht, nicht die Plausibilität der Seiteninhalte.

 

Was dabei sofort auffällt: Neben den Produkten befindet sich so gut wie immer sofort ein Bestellknopf, meist eine Affiliate Verlinkung zu Amazon. Das ist klar, denn gerade in das Affiliate Programm von Amazon kommt man besonders einfach. Das kann selbst Tante Erna einrichten, und dann den entsprechenden Link verbreiten und warten bis die ersten Doofen bestellen, so rollt die Provision von ganz allein aufs Konto.

 

 

Klar, man muss zuerst ein wenig Marktschreien. Deshalb ist natürlich DAS BESTE als Überschrift perfekt, wer will nicht das Beste für sein Geld? Artikel wie „Die beste Augencreme 2019“ sind leichter zu finden als Nacktfotos von Kim Kardashian, und das soll schon was heißen.

Ebenfalls auffällig sind oftmals fehlende selbst aufgenommene Produktfotos. Die „Tester“ hatten die Produkte mit höchster Wahrscheinlichkeit niemals in den Händen. Es finden sich meist abgegriffene Originalproduktfotos, gerne gleich die von Amazon. So ist der Aufbau einer solchen Verkaufsseite noch einfacher. Man muss wohl nicht erwähnen, dass im Bestenranking immer ein recht unbekanntes Produkt aus dem Amazon-Universum Nummer 1 ist, also das Beste vom Besten, von dem wir Beautyjunkies meist noch nie etwas gehört haben. Legendär diese ominösen Firmen wie zB. „Bionura“.

 

 

Müßig an dieser Stelle noch zu erklären, dass diese Seiten keinerlei Werbekennzeichnung aufweisen. Manchmal findet man noch die Erklärung, was denn wohl diese Affiliate Links sind, aber den kleinen Betrag „spendet“ der User ja gerne, der Artikel hat doch gerade super geholfen, bei der Suche nach dem besten Wunschprodukt. Nicht!

Ich finde diese Masche perfide, denn sie spielt mal wieder mit dem Vertrauen der Konsumenten. Seriöse Blogs haben sich einen guten Ruf erarbeitet, und die Findung von echten Informationen zu Produkten im Internet wäre deutlich schwieriger, gäbe es so einige Blogs nicht. Wenn aber durch solche Fakeportale und Fakeblogs der Ruf in den Dreck gezogen wird, man hinterher mit sowas in einem Atemzug genannt wird, schwillt mir der Kamm!

Also bitte Augen auf! Das Internet ist voll mit Fallstricken, und gerade Produktbewertungen sind ein heißes Geschäftsfeld. Und mal ausnahmsweise so ganz ohne Influencerbashing: Die sind zwar ständig schockverliebt in alles was ihnen eine Kooperation anbietet, sie sind aber gegen diese Profi-Faker geradezu harmlose Kuscheltierchen.

 

 

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(Fotos: Pixabay, Screenshots    Keinerlei Sponsoring)


12 Gedanken zu “SKINCARE: ABGEBRÜHTE KOSMETIKVERKÄUFER IM SCHAFSPELZ

  1. Guten Morgen,

    das Thema geht an mir vorbei, so was lese ich gar nicht. Ich bin halt „old fashion“ und kaufe da wo ich jahrelang mit großer Zufriedenheit kaufe, zur Not frage ich auch mal beim Hersteller an und schaue auch nicht auf den allerletzten Euro. Heute wird ja nur geschaut wo es am billigsten ist – widerliche deutsche Mentalität. Selber viel verdienen wollen, aber anderen nicht die Butter auf dem Brot gönnen. Außerdem wird man bei KK bestens informiert. Im übrigen lache ich mich täglich über „Bibis – Beautykaschemme“ tod……zum brüllen, das sagt doch schon alles. Und die Drogeriemärtke verkaufen ganze Serien von diesen „Beautyspezialisten“. Ich habe generell von denen noch nix gehört, brauche ich auch nicht. „Augen auf beim Autokauf“ gilt halt immer und überall.
    Liebe Grüße

  2. Mir ist schleierhaft, wieso es gerade bei Cremes, die so individuell wirken, „das Beste“ geben soll. Dann ist noch die Frage, wieso der beste schnelle Effekt auf seit Tagen ungecremter Haut hier das Rennen macht, wie bei der Stiftung Warentest (von der merkwürdigen Produktauswahl mal abgesehen). Ist gar nicht meine Philosophie. Ich lese Blogs auch deswegen sehr gern, weil die Verrisse mitunter viel aussagekräftiger sind als die Werbung dafür und mich tatsächlich zum Kauf bewegen können, weil das gerade mein Problem umreißt, was andere unpassend für sich finden.
    Amazon Fakes erkennt man sehr leicht, find ich. Wer nicht blind nach Sternen geht, sondern guckt, was geschrieben wird und auch mal probeweise paar User anklickt, (überall nur ein, zwei allgemeine Sätze, Nutzername immer mit Zahl, andere Rezensionen ähnlich – Vorsicht, auch 1-Sterne-Rezensionen beim Konkurrenten können offensichtlich gebucht werden).
    Je ausführlicher der Text, desto weniger kann man fehlendes Wissen darüber faken.
    Ein guter Anhaltspunkt für mich sind inhaltlich gut begründete negative Kritiken und zwar ebenfalls durchaus als Kaufargument.

    Übrigens merke ich auch gemochten Bloggern sofort an, wenn die Kooperation vor allem gekauft ist. Es ist zwar in Worten sehr überschwänglich, aber gleichzeitig auffallend blutleer. Man kennt ja die Bloggerin und weiß, wie sich wahre Überzeugung sonst liest und zwar nicht durch Behauptung, sondern zwischen den Zeilen. Wie in Foren lassen sich Persönlichkeiten nicht faken, wenn man sie lange genug liest. Ich lese fast immer sehr gnädig darüber hinweg, weil mir klar ist, dass das ein kleiner Gegenbetrag für die viele Arbeit ist, die sonst in einem Blog steckt und meist die Beiträge auch anders sind, aber manchmal will ich auch rückmelden, wie das auf mich wirkt. Auch meine Zeit will ich nicht mit inhaltsfreien Phrasen verbringen.
    Mir geht es gerade mit 2 sehr reichweitenstarken Blogs so, die ich sonst wirklich liebe, die aber gerade eine kreative Krise haben. Aber es gibt ja nicht nur die Beiträge.

  3. Ich stolpere auch ganz oft über diese scheinbaren Blogs, die dann andauernd Amazonlinks verbreiten. Es nervt, denn ich merke es immer zu spät, und habe schon so viel Lesezeit investiert.
    Meine Mutter hat auch schon öfter diese Amazon gepushten Produkte bestellt. Ein Grauen war das! Schlechte Qualität, man merkte sofort, dass es auch altes Zeug war. Zum Glück kann man ja umtauschen.
    LG
    Raissa

  4. Naja. Wenn man was ganz Neues will, was man noch nie hatte und auch keine Erfahrungswerte dazu und niemanden kennt, der die hat –, kann es schwierig werden. Ich brauchte z.B. nun wirklich einen Vergrößerungskosmetikspiegel zum An-den-Badspiegel-Babschen, möglichst ohne Licht. Kein Ding, dachte ich. Den ersten nach Recherche ausgewählten musste ich zurückschicken. Irit hatte mal einen empfohlen, auf Amazon berichteten zu viele, das Ding hafte nicht gut und sei beim Runterfallen sofort zerbrochen… Die übliche 10-fache Vergrößerung sei zum Schminken auch nicht zu gebrauchen… und so weiter, und so weiter.

    Man pirscht sich ran. Try and error. Das kann einem keiner abnehmen. 🙂

    1. Ganz genau, das sage, ach was, das predige ich ja auch immer. Empfehlungen sind gut und schön, aber viele Leute vergessen dabei, wie unterschiedlich wir alle sind, und welche unterschiedlichen Ansprüche gestellt werden. Und klappt mal etwas nicht so gut, ist die Frustration besonders groß.
      Liebe Grüße!
      KK

  5. …“selbsternannte Marktschreier ohne Berufsausbildung, aber mit eigenem Kamerateam und mega Photoshop-Kenntnissen“ … herrlich… besser kann man es nicht auf den Punkt bringen. Ich würde es noch ergänzen zu „selbsternannte, schnorrende Marktschreier“ Ich werde als Hersteller zuhauf zum Versand von Gratisprodukten aufgefordert. „und bitte keine Proben, sondern Originalgrößen“

  6. Ein relativ sicherer Weg zum Enttarnen ist auch, sich das Impressum solcher Seiten anzuschauen. Oder anschauen zu wollen, denn meistens haben sie keins.
    Viele Grüße
    Regina

  7. Das Modell kannte ich noch gar nicht. Aber die vielen Amazonlinks waren mir hier und da schon mal aufgefallen.
    Nervig finde ich aber auch ein paar Blogs, die früher über andere gelästert haben, und heute auch jede Menge affiliate Links nutzen.

  8. Beautyprodukte sind ein hoch emotionales Thema und treffen mit ihrem Versprechen meist wunden Punkt – innere Unsicherheit und Hoffnung.
    Das es dazu keine allgemeinglültige Kriterien gibt, was die beste Pflege ist, kann man sich sehr leicht mit diesem Adjektiv schmücken.
    Ich habe mich schon immer gefragt wieso bestimmte Produkgruppen oder Brands über Amazon las wahre Wunder gelten, obwohl die Außenwelt kaum von denen gehört hat.

  9. Auch die Frauenzeitschriften mit ihren “ Empfehlungen und Bestenlisten “ würde ich hier gerne noch erwähnen. Meist ist nämlich das beste Produkte, der neueste heiße Scheiß, gleichzeitig der größte Werbepartner der Zeitschrift. Das ist für mich ähnlich wir im Internet und einfach nur gekaufte Meinung…und dafür zahle ich kein Geld mehr !

  10. Hallo. Ich muss gestehen, dass du mir die Augen geöffnet hast! Öfters habe ich schon solche Seiten gesehen, aber dann doch nichts gekauft. Dubios fand ich sie schon ein bisschen aber über fehlende selbst aufgenommene Produktfotos habe ich mich nicht gewundert – eindeutig ein guter Hinweis darauf dass der/die Blogger/in das Produkte noch nie in der Hand hatte. Das ist schon sehr dreist!!!
    Liebe Grüße und schönes Wochenende!

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