
Ich habe es ja schon einmal kurz erwähnt, in den 90er Jahren war ich auch einige Zeit auf ein paar Laufstegen zu finden. Das war purer Zufall, ich war viel zu klein (1,82) und mein Gang schwankt eher, als dass ich geradeaus im Stechschritt gehen konnte. Aber durch Kontakte zur Düsseldorfer Modeschule kam es nun mal dazu, und Male Models waren damals noch rar. Gelegenheit wahrgenommen und ein wenig Geld verdient. Die Welt etwas bereist und ordentlich beleidigt worden. Was? Ja genau, denn das ist das tägliche Leben der Models. In einer Branche der puren Oberflächlichkeit, ist es an der Tagesordnung beleidigt und persönlich kritisiert zu werden.
Zur damaligen Zeit musste ein männliches Model muskulös und breit gebaut sein. Surfertypen mit langen, blonden Haaren waren ebenfalls extrem angesagt. Das war ich nicht, eher dünn und kurzgeschorene Haare. Was ich mir da anhören musste, hat mich und mein Gemüt arg strapaziert. Und wenn man dann noch einen Pickel im Gesicht hatte, war man kurz vor der totalen Verzweiflung.
Tja, so ändern sich die Zeiten, denn nun wird seit einiger Zeit ein Trend sichtbar, der zum Nachdenken anregt. Der altbekannte „Moss´sche Heroinchic“ überträgt sich immer mehr auf die Herrenmode und die männlichen Models. In einem meiner letzten Beiträge lästerte ich bereits über die Herrenkollektion von Hedi Slimane für „Saint Laurent“ (Hier: KLICK!). Aber der Trend ist nicht neu und setzt sich unbeirrt fort! Dürr und möglichst kränklich dreinschauend ist das Motto.

Die bekannte New Yorker Kolumnistin Melissa Witworth benannte diesen Trend erstmals 2010 mit ihrer Wortschöpfung „Manorexia“. Denn nicht nur männliche Models (von den Frauen ganz zu schweigen) sind diesem infektiösen Schönheitsideal unterworfen, sondern auch immer mehr Jungs und Männer von der Straße. Wo bei Frauen eventuell noch die halbdumme Ausrede gelten könnte: „An dünnen Models sehen die Kreationen der Designer einfach besser aus“, sieht es bei Männern einfach nur „ausgeschissen“ (ich entschuldige mich!) aus. Nach kleinen Buben, die jahrelang bei Wasser, Brot und Sonnenscheinentzug eingesperrt waren. Ist es das, genau wie das dürre Frauenbild, was wir, die Konsumenten, uns wünschen? Viele Männer stürmen bereits die Schönheitskliniken, machen schlimme Nulldiäten, fühlen sich von den Medien unter Druck gesetzt. Nach dem Essen sofort zum Klo und Finger in den Hals? Ihr werdet sagen: „Recht so, sollen die Kerle mal sehen, wie es uns Frauen schon eh und je ging!“. Aber der Schuss geht doch in die Falsche Richtung los. Der Trend verbreitet sich auch noch und ebbt nicht einfach mal ab.

Ich bin verwirrt und ratlos? Gibt es demnächst auch Kampagnen von Dove für normal gebaute Männer? Geschmack ist relativ und für jeden anders zu definieren, aber trotzdem: Wie lange steigert sich der Magerwahn, bei Frauen wie auch Männern, bis hin zur (ich sage es jetzt mal klipp und klar) puren Hässlichkeit? Wie lange noch wird das Wort „Schönheitsideal“ ausgepeitscht und geschändet?
Ich mag es gar nicht. Ich mag ja schon die dürren Mädels auf den Catwalks nicht, warum jetzt auch die Männer?! 😦 Was ist daran so schlimm, ein paar Rundungen zu haben und die Männer ein paar Muskeln?
Man brauch sich doch gar nicht wundern, dass mehr und mehr Jugendliche und teilweise auch schon Kinder Magersucht oder Bulimie haben, wenn die Medienwelt solche Models präsentiert. Vor allem da mehr und mehr nur noch das Äußerliche zählt…
Da kann ich dir voll zustimmen! Zum Glück ist eine gewisse Vielfalt ja noch vorhanden, aber dieser Trend macht mir Sorgen, weil er nun schon so lange und hartnäckig besteht.
Hi KK,
Du kannst auch nicht „laufen“? Das geht mir genauso. Ich hüpfe nämlich – und das sieht (weiß ich selbst) besch…eiden aus. Abgewöhnen krieg ich einfach nicht hin. Deshalb – und aufgrund zu breiter Hüften (nicht fett, sondern allein schon vom Knochenbau her) – war ich in jungen Jahren nicht wirklich zum Model geeignet. OK, in unserer Kleinstadt gab es damals auch nicht so viele Möglichkeiten, in dieser Hinsicht Karriere zu machen. Außerdem waren meine Eltern von der Idee nicht gerade angetan… und haben das entsprechend NICHT unterstützt. Allerdings, wenn ich sehe, wer heutzutage alles modelt (nein, ich meine jetzt NICHT die Supermodels, sondern so ziemlich JEDES junge Mädel über 1,75 m), dann denke ich „hättste mal weiter versuchen sollen. so hübsch wie die warst Du damals allemal“… Mit meinen Hüften hätte ich zumindest ein „Plussizemodel“ werden können 😉
Aber ich schweife ab. Dir gehts bei Deinem Artikel natürlich um die dürren Knaben. Nun, ich weiß auch nicht, was das soll. Bei den sehr dünnen weiblichen Models heißt das ja immer, diese entsprächen mehr dem Schönheitsideal (meist) homosexueller Designer als „Frauen mit Kurven“ und das sei der Grund dafür, dass die Designer diese nach wie vor bevorzugt auf die Laufstege schicken. Es könnte aber auch einfach nur darum gehen zu provozieren, ins Gespräch kommen, Aufmerksamkeit erregen. So nach dem Motto „any publicity is good publicity“. Falls das so sein sollte, gelingt das ja auch sehr gut, wie man sieht…
Lg, Annemarie
Das mit den schwulen Modedesignern ist auch nur ein Gerücht! Es gibt mittlerweile so viele heterosexuelle Designer (man glaubt es kaum), die dem gleichen Schönheitsideal nacheifern. Ausserdem mögen schwule Männer rundere Frauen ganz gerne (glaube ich zumindest), denn wenn ich mir im Bekanntenkreis so anschaue wer denn wessen beste Freundin ist, dann kann der Gedanke schon entstehen. 😉
Gruselig, einfach nur gruselig – sowohl die Damen- als auch die Herrenfraktion. Wobei ich mich bei den Models mittlerweile auch unabhängig von den Körpermaßen oft frage, wo genau da die Schönheit ist. Und dann noch dieser missmutige Blick dazu … ok, wenn ich nix zu essen bekommen würde, würde ich auch so gucken.
jaja, ich guck auch immer so, wenn ich hunger habe!!
ich finde diese Entwicklung auch schrecklich … und mit Schönheit hat das rein gar nichts mehr zu tun. Wo bleibt denn da der Genuss und die Leidenschaft im Leben? Und da zählt doch Mode dazu – wenn ich mich erst in ein Kleidungsstück hungern muss, kann es mir echt gestohlen bleiben.
…sagte die Frau mit der perfekten figur und den m. obama armen! 😉
Dieses hämisch vorgetragene „Recht so, sollen die Kerle mal sehen, wie es uns Frauen schon eh und je ging!“ finde ich so furchtbar und ebenso dämlich wie „Steckste alle Männer in einen Sack und haust drauf, es trifft immer den richtigen“. Die Frage ist ja, wem damit geholfen ist, dass nun auch die Männer so einem kranken Ideal nacheifern…
Komisch, ich kenne keine Frau, die einen so knochigen Mann haben möchte und auch kaum Männer, die von ihrer Frau „erwarten“, dass sie es mit einem Laufstegmodel aufnehmen kann… und trotzdem klappert es munter weiter. Woran liegt das? Weil so nichts (weder Figur noch Ausstrahlung) von der Kleidung ablenken kann? Oder weil es die Designer-Teile nochmal aufwertet, dass sie eben nicht von einem beliebigen Model mit Alltagsmaß vorgeführt werden, sondern von „coolen Wesen vom anderen Stern“?! Hm… ich versteh es nicht. Und schön finde ich es auch nicht. 😦
Da gebe ich dir vollkommen Recht! Es ist ein so erschöpfendes Thema, da kann man locker ein paar Diplomarbeiten drüber schreiben! 🙂
Lieber Gruß, KK!
Du hast natürlich vollkommen recht. Dieser dürre Heroinchic ist weder bei Frauen noch Männern wirklich sexy. Und als Vorbild ist er für uns Normalos sowieso nicht geeignet. Aber zum Glück gibts inzwischen ja auch Gegentrends. Männliche Models dürfen wieder männlicher aussehen und sogar Vollbärte oder Tattoos tragen. Da guckt Frau dann doch wieder gern hin. 🙂
LG Sonja
Ja, da gibts ja noch den guten Walter von Beirendonck. Der schickt dicke Bären und Bauarbeitertypen auf den Laufsteg!
Und ich muss sagen, das ist zwar strange aber tausendmal besser als die verhungerten, wandelnden Augenschatten! Eine lustige Branche, die nur Aufmerksamkeit bekommt und sich wichtig fühlt, wenn sie unter dem Deckmäntelchen der „Avantgarde“ augenscheinlich kranke Menschen vorführt.
(sorry, musste jetzt so spitz sein!) 😉
Liebe Grüße, KK!