SCHULBILDUNG – WAS IST EIGENTLICH GEBLIEBEN?

Kennt Ihr auch noch den Satz “Non vitae sed scholae discimus („Nicht für das Leben, sondern für die Schule lernen wir“)? Ist da nicht viel Wahres dran?

 

Wer Latein hatte, wird es kennen, aber auch ansonsten konnte ich in dieser Hinsicht als Schüler immer nur mit dem Kopf nicken. Als junger Mensch hat man ständig das Gefühl Dinge lernen zu müssen, die man “eigentlich niemals brauchen wird”.

Da ist manchmal auch etwas Wahres dran, doch müsste ich eine Kritik am deutschen Schulsystem hervorheben, dann wäre es die Tatsache, dass ich den Unterrichtsstoff in weiten Teilen als unpassend für so manche Altersklasse empfinde.

Wenn zum Beispiel (wie bei mir) in der 7. Klasse Wolfgang Borcherts “Draussen vor der Tür” gelesen wird, dann halte ich das für pure Überforderung der knapp dreizehnjährigen Schülerinnen und Schüler.

Wie sollen sich die Kinder in eine Nachkriegszeit hineinversetzen, in der Erwachsene ihre Kriegstraumata verarbeiten (oder auch nicht?). Nur weil man anhand dieses Dramas interessante Stilmittel des Schreibens vorführen kann, muss das aber doch nicht völlig lebensfremd auf junge Gehirnauszubildende treffen.

In der Mathematik trifft man in der Schülerschaft ganz besonders oft auf Unverständnis, was den Lernstoff angeht. Ist es zB. bei Bruchrechnung und Geometrie noch leicht einzusehen, wozu man das Gelernt im Erwachsenenalter einmal brauchen wird, sieht es bei Mathe ab Klasse 11 schon wieder anders aus. Wahrscheinlichkeitsrechnung hat sich mir nie so richtig erschlossen, und ähnlich sah es bei Vektorrechnung aus. Da gruselt es mich noch heute.

Wie froh ich war, dass ich irgendwann mal Mathe in Klasse 12 abwählen konnte (Kurssystem). Geht das heute eigentlich noch?

In meiner “Schulkarriere” hatte ich viel zu oft das Gefühl von einem lebensfremden Lehrplan überfallen zu werden. Dagegen war die Wissensvermittlung von lebenswichtigen Alltäglichkeiten wohl nur den Haupt- und Realschülern vorbehalten.

Klar, das Gymnasium bereitet auf das Hochschulstudium vor, aber ist das Grund genug, dass man jungen Menschen, die schliesslich immer auch noch fürs Leben lernen, abstrakte Gedanken alter Erwachsener vorsetzt, die so scheinbar keinen Hauch von Empathie für die Realität junger Menschen zeigen? Die Lehrpläne werden von Leuten gemacht, die offensichtlich nur ihrer Zunft gefallen wollen.

Wie wichtig, dass es dann doch immer wieder mutige Lehrerinnen und Lehrer gibt, die sich trauen, die Lehrpläne auch schon mal kreativer auszulegen – was wirklich nicht immer leicht gemacht wird. Die Vergleichbarkeit der schulischen Leistungen muss ja auch gewährleistet sein.

Jetzt, Jahrzehnte später, fragt man sich: Was ist eigentlich von der Schulbildung übrig geblieben? Habe ich doch mehr profitiert, als ich damals dachte? War alles für die Katz? Hatten die Eltern womöglich falsche Entscheidungen getroffen (auch so ein Thema), und das Kind aufs Gymnasium verfrachtet, obwohl viel lieber ein Handwerk erlernt worden wäre?

Und gäbe es EINE Sache aus der Schulzeit, die EUCH wirklich weitergeholfen hätte, was wäre es?

 

 

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(Bild: Pixabay, keinerlei Sponsoring)


10 Gedanken zu “SCHULBILDUNG – WAS IST EIGENTLICH GEBLIEBEN?

  1. Guten Morgen lieber KK,

    nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir – so müsste der Lehrplan an deutschen Schulen aussehen. Dinge lernen, die man wirklich braucht. Kaum ein Kid kann heute noch Kopfrechnen, die Rechtschreibung ist unterirdisch und Allgemeinbildung – Hä?? Was nützt dir, ein Gedicht analysieren zu können; du aber nix über so ‚profane‘ Dinge wie Steuererklärung oder Bankkonto weißt? Meine Tochter hat während der Covid Zeit Abitur gemacht – sich ganz viel Stoff selbst draufgeschafft, weil die Schule/Lehrer komplett überfordert war mit der Situation. Da zieh ich echt meinen Hut vor. Hat dennoch ein gutes Abi gemacht und will nicht studieren sondern macht eine Ausbildung zur MFA und geht völlig darin auf – perfekt!
    So, lieber Ex Nachbar – fühl dich gedrückt und Feliz Domingo.
    Hasta luego
    Chris

  2. Latein war das – Latein war mir am nützlichsten für das ganz normale spätere Leben. Mit Latein sind die meisten europäischen Sprachen nur noch Dialekte. Die Gründlichkeit und Systematik beim Lateinlernen ist eine unglaubliche Hilfe auch beim Lernen von grundlegend anders strukturierten Sprachen, wenn man sie sprechen und nicht nur „babbeln“ möchte. Da Latein Wissenschaftssprache war und ist und die Wissenschaft unseren Alltag bestimmt, erleichtert diese Sprache ganz grundlegend die Orientierung in unserer alltäglichen Welt, ganz einfach, weil man die Wörter versteht, die im Alltag benutzt werden. Ähnlich geht es mir mit Chemie, Physik und Biologie – sie bestimmen unseren Alltag und schon Grundkenntnisse darin machen alles leichter und schneller verständlich. Was die Überforderung durch die nicht altersangepassten Themen im Unterricht betrifft – beinhaltet Lernen denn nicht immer eine gewisse Überforderung? „Spielerisches“ Lernen findet eventuell in der Kita statt, ist aber doch eigentlich nur ganz normale Entwicklung. Lernen ist dann Arbeit. Es macht Freude und ganz viel Spaß, aber es ist Arbeit. Deshalb lassen wir unsere Kinder nicht einfach groß werden und auch nicht mehr auf dem Feld oder in der Fabrik arbeiten – sie arbeiten in der Schule, wo sie breit gefächert auf das Leben vorbereitet werden. Und mit Schulbildung sind dann auch Dinge wie Steuererklärung und Bankkonto kein Problem. In die Schule gehört das Lernen, dass und wie man sich in Dingen kundig machen kann, die man in unterschiedlichsten Lebenssituationen braucht oder nicht braucht oder manchmal braucht oder was auch immer.

    1. Den Gedanken mit der nötigen leichten Überforderung finde ich gut nachvollziehbar. Habe ich noch nicht so gesehen, aber im Sport ist es ja genauso.
      Es kommt dann sozusagen zu einer „Wissensschwiele“. 😉
      Doch bei meinem Beispiel mit Borchert sehe ich eine psychische Überforderung der jungen Menschen, die womöglich auch zu Ablehnung und Abschottung zu solchen Themen hin führt.
      Mich hat das damals sehr verstört und mich hat das Kriegsthema überfordert.
      Liebe Grüße
      KK

      1. Weil du ein sensibler Mensch bist. Ich weiß sehr genau, was du mit psychisch überfordernder Lektüre meinst, was man da als Kind für Gedanken wälzt.
        Im Großen und Ganzen stimme ich Susanne voll und ganz zu.
        Und die Schule ist auch nicht da, die Erziehung im Elternhaus zu ersetzen, das wird ja mittlerweile gerne alles auf die Schule abgewälzt. Und zwar absolut unabhängig vom Einkommen – darüber will ich jetzt definitiv keine Diskussion starten, dafür habe ich zu viele sehr gut erzogene Kinder aus sozial schwachen Familien und zu viele Drecksschratzen von reichen Familien kennengelernt. Aber ich leb auch auf dem Land, in Großstädten und Ballungsräumen mag es durch die Masse an Bevölkerung dich anders darstellen.
        Ach ja, ich bin definitiv nicht Lehrerin von Beruf und auch ansonsten nicht in einem sozialen Beruf tätig.

  3. Guten Morgen,
    Chris hat Recht. Ich bin froh keine Kinder zu haben, bei dem erbärmlichen Schulsystem, von der Ausstattung der Schulen ganz zu schweigen. Da würde ich glatt zum Terroristen. In jedem Bundesland was anderes und eine Bildunssau nach der anderen wird durch das Dorf gejagt. Alternative Ideen, wie sie Rudolf Steiner oder Nena haben, müßten dringenst weiterentwickelt werden. Meine paar Jahre im staatlichen Schulsystem waren grauenvoll. Als Babyboomer mit über 30 Kindern in der Klasse, war an Unterricht kaum zu denken. Gott sei Dank gab es damals noch nicht so viele Migranten in der Klasse. Das soll keine Diskriminierung sein, aber das ist ja noch mal ein anderes Fass. Meine Eltern haben irgendwann die Reißleine gezogen und mich auf ein privates Gymnasium gegeben. Vorher hatten sie vergeblich versucht mich auf anderen Schulen unterzubringen, was nicht möglich war. Keine Chance. Alleine die Kontakte die man auf solchen Schulen knüpfen kann, helfen im ganzen Leben. Ohne Vitamin B geht halt vieles nicht. Es ist mehr als traurig das eine gute Bildung/Ausbildung vom Einkommen der Eltern abhängt und bin sehr dankbar das meine Eltern das gemacht haben.
    Kinder aus Harz4 Familien, die gut sind, aber vielleicht Scwächen in einem oder anderem Fächern haben und gerne das Abi machen wollen, bekommen keine Nachhilfe „vom Amt“, da sie ja im Durchschnitt gut sind. Nur die ganz schlechten bekommen was. Lehrer will nun auch keiner mehr werden. Ich habe ein Buch über Korea, da sind Fotos aus Schulen drin. Die dürften aus den 80er Jahren sein (?), jeden falls sieht man da das j e d e s Kind vor einem PC sitzt. Damals noch vor diesen Monsterbildschirmen, ich glaube das waren die 70er oder 80er Jahre.
    Deutschland 2023 ?? Deutschland schafft sich ab.
    Sozialfuturist Ende.

    1. Überall ist alles besser, als hier, das scheint mir leider typisch deutsch. Dabei ist das Deutschland Bashing nur Rosinenpickerei. So ist Südkorea erst seit 87 eine Demokratie, davor gabs mehrfach Militärputsch, Abschaffung der Grundrechte, Massendemonstrationen und Streiks, die teilweise blutig nieder geschlagen wurden. sicher super Kindheit in so einer Zeit.

      1. Lieber in Hessen den Realschulabschluß als im Korea der 80er Jahre „Untericht“ auf demokratisch bedenklichen Niveau.

  4. Mir hat ebenso Latein geholfen – mit dem Grossen Latinum steht einem alles offen, ohne dass man an der Uni noch einen Schein nachmachen muss (das macht so nebenher nicht so richtig Vergnügen, wie ich mitansehen habe dürfen). Zudem schafft dies die Voraussetzung für ein vereinfachtes Erlernen anderer Sprachen – Susannes Erfahrung teile ich voll und ganz.

    V.a. Mathe sollte verstärkt beigebracht werden. Ich kenne jemandem mit Note 1 im Abi, ein kluges Köpfchen, der ging nach Bayern, um auf Ingenieur zu studieren – es ging schief, und es lag nicht nur am Weissbier. Das war wohl ein deutliches höheres Niveau gleich schon im ersten Semester, ohne Spezialkurse, um das Können auf ein höheres Niveau zu heben.

    Wenn ich mir vorstelle, dass in asiatischen Ländern das Lernen sehr positiv gesehen wird (ein Scheitern nicht, deswegen ist eine Uniklasse mit Chinesen zum Verzweifeln still, da meldet sich kaum jemand, um nicht das Gesicht zu verlieren), wäre es mir äußerst lieb, wenn man in Europa auch ein wenig den Hintern hochbekäme.
    Die wirtschaftlichen Errungenschaften (auch deren Schattenseiten, die wir heutzutage erleben) wurden durch andere Generationen geschaffen, die noch keine Ablenkung durch „das Internet“ hatten. Das muss nicht schlechter gewesen sein, und man hatte mehr Zeit, um mal vertiefter über etwas nachzudenken (das hat natürlich auch nicht jeder geschafft).

    Der Witz ist, auch ich habe von Wahrscheinlichkeitsrechnung sehr profitiert. In Mathe eher Mittelmass, war ich an der Uni im Statistikkurs unter den 2 % der Besten. Dies, verbunden mit einem grundlegend und aus dem Elternhaus stammenden naturwissenschaftlichen Verständnis, befähigt mich in der Pandemie, Risiken angemessen zu beurteilen, als Laie Raumgrössen für Luftfilter fehlerfrei zu berechnen, Strömungsverhältnisse zu berücksichtigen usw. – also lernt man wirklich auch für das Leben.

    Meiner Ansicht nach sollte man in der Schule v.a. das Lernen lernen, also sich mit Sachverhalten beschäftigen, die man nicht kann und die einem nicht liegen.
    Auch das hier schon erwähnte Moment der – leichten und zu bewältigenden – Überforderung greift da.

    Auch zur Schulung der Kritikfähigkeit analysiert man Gedichte, denn der Mensch besteht nicht nur aus der Bewältigung von Handy- und Versicherungsverträgen.

  5. Hallo Ihr Lieben, ich hoffe, Ihr hattet/habt einen schönen Sonntag!
    Sehr wichtiges Thema! Ich gehöre zu den Glücklichen, die noch wirklich sehr gute Schulbildung genossen haben. Großes Latinum hat mir auch extrem weitergeholfen, Latein war tatsächlich mein Lieblingsfach.
    In Mathe war ich der Total-Versager, konnte dann aber ab der 11 Klausuren abwählen und habe mich mit dem Halten von Referaten über Wasser gehalten 😀
    Auf alle Fälle habe ich das Gefühl, dass in meiner Schulzeit die übermittelte Bildung noch sehr abgerundet und umfassend war.
    Was ich allerdings als noch wichtiger erachte, ist, dass meine Großeltern mir immer vermittelt haben, dass Schulbildung ein wichtiger Baustein fürs Leben ist und dass ich per se privilegiert bin, diese genießen zu dürfen, zumal ich aus einem eher „bildungsfernen“Elternhaus komme.
    Ich habe keine Kinder, bin aber im familiären und Bekanntenkreis immer wieder darüber erschüttert, dass diese Einstellung fast völlig fehlt. Warum eigentlich?
    Den Kindern wird heute irgendwie dieser Respekt für Schule und auch die Lehrer gar nicht mehr von zu Hause mitgegeben, so mein Gefühl, und das quer durch alle Bildungsschichten. Schade.
    Da die Welt sich allerdings schon sehr verändert hat, wäre es vielleicht wirklich ganz gut, die Schule etwas praktischer zu gestalten, wobei das so ein weites Feld ist, das ich auch nicht wüsste, wie man das angehen soll. Hoffentlich kommt da bald mal einer hinter 😉
    In dem Sinne, viele liebe Grüße und allen einen guten Wochenstart.
    Melanie

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