FADING AWAY – WENN EIN MENSCH GANZ LAGSAM VERBLASST

Ja, jeder kennt die Situation: Da steht man auf, geht los, und just in diesem Moment weiss man schon nicht mehr, was man gerade tun wollte. Oder ein Name will nicht von der Zunge, oder ohne Einkaufszettel vergisst man mindestens die Hälfte der benötigten Lebensmittel. Oder, oder, oder – die Liste könnte unendlich sein. Ist das zum Lachen, oder der Beginn von etwas sehr Traurigem?

Wenn wir uns dabei ertappen vergesslich zu sein, den Kopf mit anderen Dingen voll zu haben, und/oder abgelenkt sind, sodass der Arbeitsspeicher im Gehirn zu voll für ein bisschen Kurzzeiterinnerung ist, dann kann das lustig sein, es kann aber auch das Lachen im Halse stecken bleiben, denn diese kleinen „Fehlleistungen“ sind manchmal Warnzeichen.
Fatal ist das bei älteren Leuten, denn es ist allgemein akzeptiert, dass die Älteren vergesslich sind, Das gehört zum Älterweden, wie der sprießende Damenbart, und der Bierbauch, gepaart mit dünnen Männerbeinchen. So denkt man.
Eine Erkrankung, die mit Vergesslichkeit einhergeht muss nicht immer das berühmt-berüchtigte Alzheimer sein. Eine Demenz hat zB. andere Ursachen, doch im Resultat gleichen sich beide dann eben doch sehr. Was uns dabei besonders berührt: Wir verlieren ganz langsam einen geliebten Menschen.
Leider dauert es bislang immer noch sehr lange, bis die Symptome als solche verstanden und erkannt werden, vielleicht möchte man es manchmal auch nicht erkennen. Die geliebte Mutter, der geliebte Vater, die Grosseltern, nein, die möchte man nicht schwach, verletzlich und hilflos sehen. Man verschliesst manchmal die Augen so lang es geht.
Mitunter sind die schauspielerischen Leistungen der Patientinnen und Patienten aber auch so grandios, dass man kaum etwas merkt, bis es zum erschreckenden Erwachen kommt.
Trotzdem bin ich der Meinung, dass man sich allgemein zu viel Zeit lässt, die Realität zu sehen (sie sehen zu wollen). Wenn man bedenkt, wie weit verbreitet Veränderungen der Gedächtnisleistung und Wesensveränderungen im Alter sind, sollte da ein ganz anderes Bewusstsein zu diesem Thema in der Gesellschaft aufgebaut werden.
Ein sehr schweres Thema, ich gebe es zu, aber Krankheit und Tod schiebt unsere Gesellschaft ja eh immer als Tabu vor sich her.
Und wenn man realisiert, dass plötzlich ein geliebter Mensch Stück für Stück verschwindet, von einem geht, sich die Persönlichkeit langsam auflöst, dann ist das immer auch mit Schmerz und Tränen verbunden.
Je enger man familiär verbandelt ist, desto schwerer fällt es die Contenance zu behalten. Wut über die seltsamen „neuen Marotten“ der Liebsten ist normal, und gehört gleichzeitig zu den schlimmsten Erfahrungen, die man in seinem Leben machen kann.
Immer wieder muss man sich sagen, dass die Person nichts dazu kann, sie meint es auch nicht persönlich, die Persönlichkeit, die man kannte wird von einer neuen Version abgelöst. Dabei kann es sein, dass ehemals grantige Menschen lammfromm werden, und die einstmals liebsten Menschen der Welt schreien einen plötzlich hysterisch an und schlagen um sich.
Beinahe unmöglich davon unberührt zu bleiben, egal wie oft man es sich vorbetet. Natürlich soll man ruhig bleiben, sanft und einfühlsam mit der Person reden, das stabilisiert ihre eh schon erschütterte Selbstwahrnehmung. Viele Patienten merken nämlich sehr wohl, dass da etwas nicht stimmt.
Doch das ist mitunter die schwierigste Aufgabe, die die Kindergeneration von ihren Eltern gestellt bekommt und stemmen muss.
Eine Zeit in der Wut und Trauer sich ablösen, besonders, wenn in unserem Gesundheitssystem, das eigentlich so grosszügig und fortschrittlich erdacht ist, plötzlich Lücken auftauchen, die einen fassungslos machen:
Was macht man mit einem Menschen, der offensichtlich beginnende Demenz hat, die Psyche so einige Streiche spielt, der deswegen nicht mehr Essen will, der seine Tabletten aus Mangel an Vertrauen nicht mehr nimmt, und alle Menschen harsch abweist, die helfen wollen? Der aber vorm Gesetzt als altersgerecht „zurechnungsfähig“ eingestuft wird, sodass er sein Recht auf Nichtbehandlung durchsetzen kann?
Muss man tatsächlich dabei zusehen, wie die Person buchstäblich dahinschwindet, bis sie eines Tages verstirbt, oder als alte, hilflose Person auf der Strasse eingesammelt wird, wie ein Strassenköter vom Hundefänger (entschuldigt den Vergleich, aber so krass empfinde ich das durchaus)?
Das Gesetz zum Schutz der Menschen vor unrechtmässiger Vormundschaft wurde 2023 erneuert, und sicherlich ist das gut und richtig, aber offensichtlich sind da so einige Fälle noch nicht durchgespielt worden, wenn man sich anschaut, wie lange Gutachten, Gerichtsentscheidungen, usw. dauern können.
Bis dahin bleibt nur, sich selbst dabei zuzuschauen, wie man einen langsamen und grausamen Abschied vollzieht, der jeden Tag mehr weh tut, auch immer wütender macht, und der immer mit viel Leid enden wird.
Die Krönung für die Angehörigen sind dann Gedanken wie „hoffentlich geht es schnell vorbei“. Solche Gedanken, die irgendwann immer aufkommen, wollte man nie haben. Man ist in diesem Moment angeekelt von sich selbst, und doch weiss man, dass es so ist.
Mitunter kann eine solche Situation auch sehr und überraschend schnell eintreten (siehe Oscar-reifes Schauspiel). Daher plädiere ich dafür so früh wie möglich an sämtliche Vorkehrungen zu denken. Das Argument „es ist ja noch Zeit“ zählt NIEMALS.
Testament, Vollmachten, Vorsorgeregelungen, usw. sollten so früh wie möglich angefertigt werden. Sodass niemals die Frage aufkommt, ob all diese Dokumente angefertigt wurden, als die betreffende Person vielleicht eben nicht mehr im vollen Besitz ihrer geistigen Kräfte war.
Dieses Szenario kann sich schneller ergeben, als man „Ach was“ sagen kann!
Die geliebte Person, wie wir sie kannten, ist irgendwann nicht mehr da. Der Rest wird dahinschwinden. Mit Anschuldigungen und Beschimpfungen kann man umgehen, gar nicht hinhören, das muss man erst lernen.
Aber man kann es drehen und wenden wie man will, man ist diesem „Schauspiel“ hilflos ausgeliefert, muss zuschauen, kann es nicht stoppen oder gar ändern. Einzig hofft man, dass der Umbau im Gehirn der Betroffenen so fulminant ist, dass die Situation nicht doch gänzlich zu ihnen durchdringt.
Jeden Morgen durchzuckt einen nur noch eine Frage: Wie verabschiede ich mich von einem geliebten Menschen, der langsam verblasst und verschwimmt, wie ein ehemals schönes Aquarell, das im Regen stehengelassen wurde?
Viel schlimmer ist aber das Gefühl, dass man es selbst im Regen hat stehen lassen…
Passt auf Eure Liebsten auf! ♥
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(Titelbild: Pixabay, der Bericht ist extra allgemein gehalten, da er keine rechtlichen und medizinischen Ratschläge gibt, sondern nur ein paar allgemeine Gedanken zu einem ernsten und traurigen Thema. Allgemein gehalten auch, weil ich aus einer persönlichen Situation keinen Blogpost machen möchte. Nur bis zu dem Punkt, der für alle einmal interessant werden könnte, oder es bereits war. Mein Mitgefühl an alle, die ihre Liebsten auf diese Weise verloren haben, oder gerade dabei sind, den langen Abschied zu nehmen!)

28 Gedanken zu “FADING AWAY – WENN EIN MENSCH GANZ LAGSAM VERBLASST

  1. Lieber KK,
    danke für Deine ehrlichen und so brutal offenen Worte, die Du hier teilst. Ich bewundere Deinen Mut und wünsche Stärke, all denen, die dies gerade erleben. 💚

    1. Das Wort „brutal“ trifft es echt gut. Ich denke auch, da gibt es nichts zu beschönigen.
      Es trifft so viele Menschen, direkt oder als Verwandte, ich wundere mich, wie sehr immer noch darüber höchstens geflüstert wird.
      Ganz liebe Grüße
      KK

  2. Lieber KK, das tut mir sehr sehr leid für dich. Ich weiß wie schwer das ist. Die letzten Jahre mit meiner Großmutter waren genau deshalb sehr hart. Du beschreibst das sehr gut, wie ein Mensch den man ganz anders kannte allmählich verblasst und für uns war es ganz schlimm, diesen eigentlich starken Menschen nach und nach zu „bevormunden“. Letzte Woche hat sie uns verlassen…. Ich wünsche dir viel Kraft und Stärke, denn diese Zeit ist nicht leicht

    Liebe Grüße
    Natascha

  3. Lieber KK,

    ich musste diesen Prozess bei meiner Mutter erleben. Mit allen von Dir genannten Facetten. Eine einst gut informierte, kulturell interessierte und eloquente Rednerin verfiel und fand Wege in ihrer Heimatstadt, in der sie 80 Jahre lebte nicht mehr.

    Die tollste „oscarreife“ Leistung brachte eine Patientin vor sicher schon 20 Jahren. Auf die Testfrage, wo sie wohne antwortete sie: Das müsse sie nicht wissen, da habe sie ihre Leute für. 🤣

    Ich wünsche Dir viel Kraft, um diese Situation durchzustehen.

    Liebe Grüße
    Karen

    1. Eine klasse Antwort von der Dame! 😉
      Danke dir und viele liebe Grüße, wie schön mal wieder etwas von Dir zu lesen.

      Übrigens sorry für den „Blocktext“…Wordpress schmeisst nun auch sämtliche Formatierung durcheinander.
      KK

  4. Schweres Thema am Sonntagmorgen!
    Und mein Mitgefühl, eine solche Situation verändert das bisherige Leben grundlegend.
    Ich habe fast 25 Jahre in einem beruflichen Umfeld gearbeitet, in dem dieses Thema allgegenwärtig war und bin heute noch ehrenamtlich dort tätig.

    Dass Angehörige lange nichts erkennen ist absolut normal – und auch verständlich. Im familiären Umfeld funktionieren vertraute Kommunikationsmuster meist noch lange (Stichwort Schauspielerei) und so sehr in die Tiefe geht es meist nicht. Bis dann entweder etwas passiert, dass sich nicht mehr ignorieren lässt oder – sehr typisch – Angehörige bei einem längeren Besuch merken, dass etwas ganz und gar nicht mehr stimmt.

    Wichtig ist dann die Diagnose. Manche demenziellen Symptome haben behandelbare Ursachen (Dehydrierung, Nebenwirkungen von Medikamenten, Blutdruck/ Durchblutung). Bei einer manifesten Demenzerkrankung gibt es leider bis heute keine Heilung, in manchen Fälle aber Medikamente, die lindern und verzögern können. Man sollte nichts unversucht lassen, um an die richtigen (Fach)Ärzte zu kommen. Aber die Wartelisten sind oft lang.

    Es ist eine enorme Belastung für Angehörige. Beratungsstellen oder Selbsthilfegruppen können eine Hilfe sein.
    Auch der erkrankte Angehörige hat noch eine Meinung und verteidigt die stur, weil Argumentieren nicht mehr funktioniert – das kann schwer auszuhalten sein. Und es gibt keine Patentlösung. Das ist juristisch und ethisch „ein weites Feld“.
    Trotz allem die Kraft zu finden, liebevolle und heitere gemeinsame Situationen zu erleben, kann viel weiterhelfen, den Erkrankten und den Angehörigen.

    Niemand weiß, ob es die eigene Familie trifft. Ich nerve alle in meinem Umfeld sich frühzeitig, wie von dir angesprochen, mit Themen wie Vorsorge – oder Generalvollmacht, Betreuung und Patientenverfügung beschäftigen. Es ist nie, niemals zu früh!! Warum nicht heute, vielleicht gerade an einem sonnigen Tag!

    Herzliche Grüße

    1. Oh, Du hast so recht! Man kann es nicht oft genug wiederholen.
      Und ja, meine Hoffnung (wenn man das so nennen kann) ist auch, dass die wenige Nahrung und das wenige Trinken Auslöser sind. Medis sind bereits umgestellt. Aber hier ginge es eigentlich um eine Zwangsernährung, und das wird zum Problem. Tragisch einfach nur.
      Herzliche Grüße
      KK

  5. Lieber KK,
    ich habe das selber hinter mir. 13 Jahre lang haben wir Oma mit schwerster Alzheimer in der Familie gepflegt, dann war ein paar Jahre Ruhe bis es meinen Vater traf. Ich könnte ein Buch über Systemversagen schreiben. Es ist schlicht nicht möglich so jemanden die Autos und den Führerschein wegzunehmen, es muss erst Tote geben. Verweigerung von Arztbesuchen und Medikamenten usw. das würde hier zu weit führen. Die Angehörigen, die dem System Millionen sparen, werden mit Füssen getreten und bekommen das noch nicht mal in der Rente gedankt. Nur Politiker bla, bla.
    Sich nicht mehr vernünftig verabschieden zu können, es ist sehr bitter. Ich habe es bis heute nicht verarbeitet, bin froh das es jeweils ein schnelles und friedliches Ende fand und ich vermisse beide sehr. Wann bin ich dran? Namen kann ich mir keine mehr merken, den Einkaufszettel lass ich gleich liegen. Mein Rezept, arbeiten bis zum umfallen. Morgens den Wecker stellen und ein geregeltes Leben führen, mehr geht nicht. Jetzt alles unternehmen, was man möchte, nicht „auf später“ aufschieben. Ich habe keine Angehörige die mich pflegen, ich müsste in eine Aufbewahrungsanstalt. Ein grausiger Gedanke. Vor dem Tod braucht man keine Angst zu haben, ich war schon da und es ist schön da. Ich wollte da bleiben, aber man hat mich mit Gewalt zurückgeholt ohne mich zu fragen.
    Gehen müssen wir alle. Die Frage ist nur, wie haue ich hier am besten ab? Ich habe einen Sportwagen und viele Bäume gibt es hier auch, alles besser als im Heim zu vegetieren. Ich hoffe auf geregelten Suizid wie in der Schweiz. Tiere kann man erlösen, wir dürfen das nicht haben. Leben um das Leben willen.
    So, die Sonne scheint ich gehe auf eine Kunstausttellung – so lange es noch geht. Immer positiv bleiben. Schreckliches Thema, schnell an was anderes denken.
    Fühl Dich virtuell gedrückt, lieber KK.

    1. So möchte ich es auch haben!Selbstbestimmung bis in den Tod. Das Problem ist nur, wer bringt mich in die Schweiz . Ich habe keine Angehörigen mehr. Ein ganz schwieriges Thema. Grausilige Vorstellung, wenn meine Persönlichkeit dahin ist .
      Lieber KK, ich wünsche Dir viel Kraft

      1. nicht nur wer bringt mich in die Schweiz……..das muss man auch mit seiner Armutsrente bezahlen können.

        1. Soweit habe ich garnicht gedacht, sparen für sein eigenes Lebensende…trotzdem, die Vorstellung dieser traurigen Umstände lassen mich hoffen, das mein Oberstübchen so platt ist, das ich dann nix mehr fühlen muss. Mir treibts bei solchen Gedanken Tränen in die Augen. Ist aber halt die Realität.
          LG Sibylle

  6. Lieber KK,

    auch ich kenne das Thema gut, glücklicherweise nicht aus dem persönlichen Umfeld, aber auch aufgrund beruflicher Tätigkeit früher auf diesem Gebiet. Von daher habe ich dem bisher Geschriebenen nichts hinzuzufügen, möchte Dir aber auch viel Kraft, vor allem die positive Kraft der schönen Erinnerungen wünschen und drücke die Daumen.

    Ich habe, wie auch Christiane es schrieb, daraus gelernt, das Leben zu leben, ohne Rechtfertigung, aber mit viel Empathie und Achtung vor dem Leben selbst. Auch ich habe niemanden, der mich mal pflegen würde, schon irgendwie ein komisches Gefühl.

    Von daher „Carpe Diem“ und allen einen schönen Sonntag.

    Liebe Grüße
    Melanie

  7. Liebe Christiane BVB,
    ein Auto an einen Baum zu setzen und den Notärzten und Helfern zu überlassen ,Ihre Körperreste vom Baumstamm abzukratzen ist schon allein so ein egoistischer Gedanke – ich hoffe ,Sie haben dies in einem unbedachten Moment nur so dahingeschrieben.

    1. @Birgitt,
      in meinem Leben gibt es kein „unbedacht“. Mein halbes Leben denke ich darüber nach wie ich hier am besten abhauen kann, da brauche ich auch keine Belehrungen von Gutmenschen. Konstruktive Vorschläge wären doch hier angebracht, immer her damit! Wenn mir die Gesellschaft einen selbstbestimmten Tod verweigert und mich als Alternative nur dehydriert, unterversorgt, mit Dekubitus in meinem Dreck dahinvegetieren läßt ist das halt so. Augen auf bei der Berufswahl. Ich zwinge auch keinen mich abzukratzen. Ameisen und Vögel erledigen den Job kostenlos. Ein privates, schönes Pflegeheim kann ich mir nicht leisten, genau wie die breite Masse auch nicht. Bei den meisten Heimbewohnern zahlt jetzt schon das Amt zu. Das Amt sind wir alle. Über Pflegedienste, Pflegeversicherung, Heime etc. brauche ich ebenfalls keine Belehrungen. Ich habe mein Leben lang gearbeitet, nichts vom Staat beansprucht, meine Krankheitskosten größtenteils selber bezahlt, jede Menge Steuern und Abgaben gerne bezahlt und jede Menge gespendet. Da ist es wohl eingepreisst mich abzukratzen und spart der Gesllschaft noch 10tausende gegenüber einer Aufbewahrung. Wer ist hier egoistisch?
      Mit Tabletten geht es auch nicht mehr. Eine Freundin hat es bei großen Depressionen versucht. Der Arzt meinte das geht nicht mehr, die Politik hätte veranlasst das Tabletten entsprechend „kastriert“ sind. Man stirbt nicht mehr. Aber jemanden mit Hirnschaden als Schwerstpflegefall enden zu lassen, das geht. Egoistisch, gell?

      1. Besser könnte ich es nicht ausdrücken! Es bräuchte einen keiner abkratzen, wenn man selbstbestimmt sterben dürfte, wenn man des Lebens müde ist. Bitte beim Staat beschweren, der die Leute dazu zwingt, solch unschöne Methoden zu wählen.

  8. Ich würde nie niemals zulassen, dass meine Kinder mich pflegen. Ich nehme ihnen einen Teil ihres Lebens weg und niemals möchte ich, dass mich meine Kinder als Last betrachten zu der sie schon wieder fahren müssen, um irgendwelche Dinge zu erledigen, denn das wird das letzte Bild dass sie von mir haben, sein. Never ever. Ich kenne genug nette Pflegeheime und da werden sie das richtige finden, sollte ich das mal benötigen

    Liebe Grüße
    Natascha

  9. Liebe Natascha,
    ich gönne Dir das von Herzen, wenn Du so gut versorgt bist und es in AT so gute Heime und gutes Personal gibt. Hier gibt es jahrelange Wartezeiten und kein Personal. Meine Oma und Vater hätten das auch nie gewollt, aber in unserer Familie kommt keiner in`s Heim und ich habe jede Stunde des Zusammenseins genossen. Mein Vater war dem letzten Monat seines Lebens in einem tollen Heim in der Nähe, weil es nicht mehr ging. Ein sehr schönes Heim, da träumt man von. Einen Platz hat er kurzfristig nur bekommen, weil die Heimleiterin in der Nachbarschaft wohnt…..Glück gehabt. Glück gehabt das Sparbücher da sind. Mist Thema, was mich regelmäßig auf die Palme bringt. Mir geht es wie Sibylle, ich könnte nur heulen wenn ich dran denke was hier einem blüht.
    Ich lenke mich jetzt mit Kosmetik ab, die beste Alternative.
    Liebe Grüße Christiane

  10. Du sprichst mir aus dem Herzen. Ich durchlebe und durchleide das derzeit auch mit meiner Mutter. Einfach schlimm, ich wüsste es gar nicht in Worte zu fassen und es tut trotz allem gut, die eigenen Gedanken so schön geschrieben zu lesen. Bei uns steht leider fest, dass es keine Besserung gibt.

  11. Ich weiß nicht, ob es weiterhilft, aber ich habe neulich einen sehr interessanten SWR3 Beitrag mit Christian Thees und Sophie Rosentreter gehört zum Thema Demenz, den ich sehr berührend und interessant fand. Alles Gute und liebe Grüße

  12. Ein wichtiges Thema, das man nur zu gerne verdrängen würde, was aber, wie bei eigentlich allem, nicht funktionieren wird. Hier haben wir zum Glück alle rechtlichen Vorkehrungen getroffen, und dennoch wird es hart werden, wenn es denn (noch einmal) so kommen sollte.

    Wie würde man es selbst erleben? Es gibt bessere und schlechtere Tage – Tage, an denen die Personen noch zu 80 % präsent ist, und die anderen Tage, die mehr werden.

    In einem Fall war es so, dass die betroffene Person uns bis zu 15 Mal am Tag angerufen hatte und nichts mehr davon wusste, dass wir gerade erst miteinander sprachen. Was macht man da? Einfach mitmachen. Eher mitmachen, weil es nach vielen Monaten nicht mehr einfach ist. Es ist ’nur‘ eine Phase, die von einer anderen abgelöst wird.
    Zum Problem wird dies Ganze in besonderer Weise, wenn die Person früher einmal gar nicht nett, freundlich und überhaupt nicht herzlich, sondern ziemlich intrigant und bösartig war, und später alle im Umfeld sehr beansprucht.

    Wichtig ist, die Würde zu wahren – diejenige der betroffenen Person und die eigene. ‚Böse‘ Gedanken gar nicht erst zuzulassen – es sind nur Ideen der Verzweiflung und Sorge, keine wahren Gefühle, und schon gar nicht der eigene Charakter -, und dafür zuzulassen, dass man sich als Angehöriger helfen lässt, wenn es nötig wird (das ist zumeist _deutlich_ früher der Fall, als man hofft).

    Wie lässt sich denn nun die Unterversorgung mit Flüssigkeit und Nahrung beseitigen? Wer hat da ein Auge darauf, wenn man selbst nicht daneben sitzt? Das ist eine kniffligere Frage, als man zunächst denken sollte. Tagespflege?

    Alles Gute, alles Liebe, ganz viel Kraft. 🫂

  13. So wahre Worte, wir durchleben das gerade mit meinem Papa der bei mir im Haus wohnt –
    zum Glück ist meine Mama noch einigermaßen fit – sollte das nicht mehr der Fall sein weis ich
    nicht mehr weiter……..wir haben jetzt nach langem hin und her eine Pflegestufe beantragt die auch mit Pflegegrad 3 sofort genehmigt wurde – meine Mama wollte sich das lange nicht eingestehen und tat immer so als sei alles „nur das Alter“…….eine sehr schwere Zeit für alle Beteiligten. Ich wünsche Dir sehr viel Kraft alles Liebe und Gute.
    Nicole

  14. Man ist auf diese Zeit, die die Meisten von uns irgendwann mit den Eltern ereilt, nicht vorbereitet, und man kann sich glaube ich auch nicht wirklich darauf vorbereiten, was das emotional bedeutet. Insofern hast Du vollkommen Recht, dass man zumindest die praktischen Fragen abdecken sollte, nur ist das oft auch leichter gesagt als getan. Ich habe das bei meinem Vater erlebt, und es ist schmerzhaft, und man kann sich davor nicht wirklich schützen. Mein Vater hatte – wahrscheinlich – vaskuläre Demenz, aber so richtig einfach zu diagnostizieren ist das auch nicht. Zwangsernährung finde ich sehr schwierig – mein Vater wollte am Ende auch nicht mehr essen und trinken, und Zwangsernährung stand auch im Raum. Er hat es aber vorher noch geschafft, sich „vom Acker zu machen“. Es ist am Ende des Lebens normal, das Essen und Trinken zu reduzieren, das erleichtert wohl auch den Prozess. Nur ist es natürlich nicht so einfach für uns, das richtig einzuordnen und einzuschätzen. Dir , und Euch allen, viel Kraft und alles Gute !

  15. ich lass dir mal eine Umarmung da. Der Opa, der mich mit großgezogen hat, ist letztes Jahr gestorben – auch an Demenz. Da wir uns drum bemüht haben, ihn so lange wie möglich zu Hause bei uns im gewohnten Umfeld zu behalten, kann ich den Schrecken, wenn jemand so ganz langsam im Nebel verschwindet und auch die alltäglichen Herausforderungen und Horrorszenarien gut nachvollziehen.

    Ein paar Erfahrungswerte die vielleicht nützlich für dich sein könnten*:
    – Viele erkennen Musik, die sie immer schon gehört haben, noch und es unterhält und beruhigt – auch wenn’s manchmal für das Nervenkostüm etwas schwierig ist, zum zwanzigsten Mal das gleiche Schlagerlied zu hören…. (Ich bin auch schon Leuten begegnet, die nicht mehr sprechen konnten, aber noch mitsingen)
    – Dunkle und/oder stark gemusterte Flächen beunruhigen viele. Wir haben das damals genutzt um Opas Bewegungsradius zu steuern – die Tür zur Wohnung raus haben wir mit einem dunkelblauen extragroßen Handtuch abgehängt und prompt stand er viel seltener verloren im Treppenhaus.
    – Es gibt kleine Gadgets, die man in irgendeiner Tasche der Kleidung verstecken kann, die dann die Person tracken und einem aufs Handy melden, wenn ein „digitaler Zaun“ überschritten wird. Wir haben damals eins für Haustiere verwendet, aber inzwischen gibt es auch welche explizit für Senioren/Kinder. So kann man das Gefühl des Eingesperrt seins deutlich verringern und bei uns hat das auch die „Fluchtversuche“ praktisch auf null fallen lassen – er konnte ja wieder raus in den Garten ohne dass jemand immer daneben stand.

    Und vor allem: Pass auf dich auf. Das Kümmern um einen dementen Angehörigen ist sehr kräftezehrend, vor allem wenn da auch noch Misstrauen und Wesensveränderungen mit dabei sind.

    Mein herzlichstes Beileid und ganz liebe Grüße,
    Lyn

    *funktioniert natürlich nicht bei jedem, wir hatten das Glück, dass Opa bis zum Schluss genauso herzensgut und freundlich wie früher geblieben ist, aber vll ist was nützliches dabei. Ich hoffe das ganze kommt nicht besserwisserisch rüber, nur zB das mit den dunklen und gemusterten Flächen früher zu wissen hätte uns damals ein paar Wochen mit ziemlich viel Drama erspart.

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