
Vor ein paar Tagen habe ich beim Aufräumen die obigen Fotos meiner Eltern gefunden und musste gleich schmunzeln. Wie nett und adrett! (Und der hart schuftende, goldige Esel!) Das war wohl so in den 50/60er Jahren. Die Menschen achteten noch sehr auf ein gepflegtes Erscheinungsbild, egal ob arm oder reich. Zumindest EIN gutes Kleidungsstück musste es geben und es wurde gehütet. Die Kriegsgeneration wollte den „Duft“ der Trümmer unbedingt los werden. Heute liegt in vielen Ecken unseres Landes nur eins in Trümmern: Der gute Geschmack.
Um es gleich vorweg zu sagen: Ich propagiere hier keine „Luxuslabel-Must-Have-Aktion“ für Jedermann. Ich weiß, dass Menschen, die vom Existenzminimum leben, andere Sorgen haben, als geschmackvolle Kleidung. Und doch hat das heutige Straßenbild einen Verdacht in mir gefestigt: Viele machen sich keine Gedanken mehr über ihre Kleidung. Sie ist zweckmäßig, und wenn alles gut läuft, dann passt sie dem oder der Träger/in sogar.
Meine Eltern kommen nicht aus reichen Verhältnissen, sie haben nach dem Krieg hart gearbeitet und konnten dadurch auf der sozialen Leiter ein gutes Stück aufsteigen. Aber auch schon vorher gab es keinen Tag, an dem mein Vater oder gar meine Mutter, nicht „ordentlich“ gekleidet aus dem Haus gegangen wäre. Die Haare gekämmt oder gleich mit Hut. Ein Mantel oder Jacke, Schal und Tasche, immer komplett, niemals halbseiden. Und immer sauber. Was ich stets zu hören bekommen habe, ist mir auch heute noch ein wichtiger Grundsatz: “ Nicht jeder kann sich teure Kleidung leisten, das ist überhaupt nicht schlimm, aber sie muss immer sauber sein!“
Jetzt kann man einwerfen, dass das wohl ja nun mal so war in der „Steinzeit“, aber heute sind wir moderner, aufgeschlossener und freier. Ist das wirklich so? Dazu stelle ich die Gegenfrage: Sind nacktes Fleisch en masse, Flip-Flops an ungepflegten Füßen und dreckige, auf dem Boden schleifende Hosenbeine ein Zeichen von Freiheit und Modernität? Laissez-faire sollte man nicht mit „sich gehen lassen“ übersetzen! Die Instanz, die früher noch darüber „gewacht“ hat, die soziale Kontrolle, gibt es so gut wie nicht mehr. Jedem ist alles egal, wenn es um die Anderen geht, Hauptsache man wird davon nicht tangiert. Harte Zeiten bringen raue Sitten mit sich?
Ich muss vorsorglich noch einmal einschieben, dass ich mir der ganzen Verallgemeinerung hier durchaus bewusst bin, natürlich gibt es auch die rühmlichen Gegenbeispiele. Aber ich kenne auch das Deutsche Straßenbild! Und das spricht Bände, und es könnte mich hier noch auf weiteren zehn Seiten philosophieren lassen…
Ja das hat sich leider sehr verändert . Das das Erscheinungsbild bei viele absolut keine Rolle mehr spielt . Richtig aufgefallen ist mir das erst noch letzten Donnerstag , Wir waren bei einem tollen Dinner . Das Essen super , das Ambiente stilvoll und sehr angenehm , schon elegant … und mitten drin einige wo ich dachte , hmm geht man wirklich mit ler Weile so zu einem Mehr-Gänge -Dinner ?
Und ich dachte immer das ist doch die Gelegenheit , wo Frau sich in Schale wirft , das kleine schwarze , oder den Hosenanzug anzieht und die hohen Hacken trägt . Tja aber leider ist der Gedanke wohl tatsächlich irgendwie verloren gegangen . Schade eigentlich . Aber um so mehr kann ich es verstehen , das es mit ler Weile wieder hier und da eine Kleiderordnung mit einem gewissen Erscheinungsbild gibt .
Ja Konsumkaiser Du hast leider recht . An der Optik müsste man wieder feilen .
Übrigens wird das vielen erst wieder bewusst , was sie da so zu Markte tragen , wenn sie anschließend Bilder von besonderen Anlässen sehen (Hochzeit , Kommunion usw. ) Und fest stellen müssen das ihr Erscheinungsbild einfach bisschen sehr leger war
In diesem Sinne wünsche ich Dir ein schönen Sonntag :))
LG Heidi
Hallo Heidi!
Es ist wirklich schade, wenn man sich Mühe gegeben hat und dann sind alle um einen herum so schludrig gekleidet. Aber Kleiderordnung wird heute auch gar nicht mehr erwartet. Manche Restaurants scheinen einfach froh zu sein, wenn überhaupt jemand ins Lokal kommt. Eigentlich schade…
Viele Grüße! KK
Du sprichst mir aus der Seele…
ich denke häufiger darüber nach, wie nachlässig mann/frau schon seit längerem mit sich selbst und anderen umgehen. Und es bleibt nicht nur bei der Kleidung, auch gemeinsame Rituale, die Verbindung schaffen, wie ein gemeinsames Essen am Tag, Austausch, wer hat was erlebt, usw. bleiben auf der Strecke.
Gut tut diese einstellung meiner Meinung nach niemandem.
Ja, das steht eigentlich auch ganz dringend zur Debatte, die gemeinsamen Verbindungen. Da hast Du wirklich Recht. Ich hätte diesen Blogpost noch unendlich weiterschreiben können, leider ist kurz und knackig ja eher angesagt, als ausführlich und komplett. Die gemeinsamen Rituale zu pflegen finde ich auch sehr wichtig.
Liebe Grüße! KK
Es ist jammerschade, wie unwichtig vielen heute ein anständiges Erscheinungsbild ist. Auch wenn ich selbst schon lange keiner Kirche mehr angehöre, aber dieses sich hübsch machen für den Gottesdienst am Sonntag hat etwas traditionsreiches, das heute fehlt,
Daumen hoch! Ein sehr schönes Thema. Ich habe selbst auch oft darüber nachgedacht, nur dass ich es nie aufgeschrieben habe. Umso schöner, dass DU es getan hast.
Auch ich habe das von zu Hause so mitbekommen. Wir waren nicht reich, doch ich bin erzogen worden, immer sauber in gebügelten Klamotten, sauberen Schuhen, gewaschenen, gekämmten Haaren und sauberen Fingernägeln aus dem Haus zu gehen. Es wäre einfach, wenn Markenklamotten eine Garantie für guten Geschmack wären. Es gibt viele Menschen die sich teuer einkleiden aber nicht wirklich gut darin aussehen. Man kann auch mit kleinem Budget etwas aus sich machen. Etwas farblichen Geschmack, ein Auge für Proportionen und was einen vorteilhafter aussehen lässt, SAUBERE und gebügelte Wäsche und schon ist das Outfit perfekt 🙂
Was mir ausser dem Outfit heute noch fehlt sind die zwischenmenschlichen Umgangsformen und der Respekt der über die Jahre flöten gegangen ist. Der gehört unbedingt zu einem Outfit dazu und perfektioniert dieses (ganz egal was es gekostet hat).
Es ist nur traurig, dass diese beiden so wichtigen Dinge, die uns ja von den Tieren unterscheiden, der Mehrheit einfach total egal ist.
Liebe Grüße und danke für diesen Denkanstoß
Dana 🙂
Stimmt total, liebe Dana!
Respekt ist wirklich ein unglaublich wichtiges Wort. Das scheint völlig out zu sein.
Und mit viel Geld, kann man trotzdem wie ein Trümmerhaufen aussehen! 🙂
Ganz lieber Gruß zu Dir! KK
Stil kann man halt nicht kaufen , Entweder man hat ihn oder nicht 🙂
LG Heidi
Oh ja lieber Konsumkaiser, da hast Du leider recht. Und auch bei mir gibt es Gelegenheiten da wünsche ich mir eine Kleiderordnung. Zu allem Überfluss ist es häufig noch verdreht – man fühlt sich total overdressed, wenn man sich für einen besonderen Anlass aufgehübscht hat, an dem der Rest der Gesellschaft eben daher kommt wie immer. Eigentlich sollte es andersherum sein. Ich kann mich nur allen anschließen – es ist wirklich jammerschade. Tolle Bilder von Deinen Eltern und ein toller post. Einen schönen Sonntag wünsche ich, lieber Gruß Conny
Ich bin gerne mal overdressed. Ich finde es dann immer lustig, wie die Nasen hinter einem herschauen. Kleidung wird ja heute auch zu Klamotten. Darin sieht man die Wertschätzung ja schon! Einen schönen Restsonntag, liebe Conny! Viele Grüße! KK
Hi KK,
ich möchte mich Conny anschließen. Auch mir ist es schon häufig passiert, dass ich irgendwo overdressed erschien. Ein gutes Beispiel war z.B. die Oper, wo ich eigentlich Abendkleidung erwartet hätte, aber selbst in meinem schwarzen Abendanzug im Vergleich zu den meisten anderen Gästen (in Funktionsjacken plus Jeans, bäh!) total overstyled wirkte. Auch mein damaliger Begleiter im schwarzen Anzug fiel damit eher negativ auf und erntete kritische Blicke.
Wie mich das nervt, dieses „come as you are“!!! Ich würde mir viel mehr Gelegenheiten wünschen, zu denen man sich mal so richtig aufbretzeln kann. Stattdessen werden es immer weniger und tut man es doch, wird man angeschaut, als hätte man sie nicht alle…
Lg, Annemarie
Lieber KK, ein tolles Thema, weiter so. Ich würde mich über noch weite Gedanken zu diesem und verwandten Themen freuen. Und, ich habe den Eindruck, noch manch andere(r) hier.
Wert auf das äußere Erscheinungsbild, respektvoller Umgang mit- und untereinander, Wertschätzung…. der allgemeine Sprachgebrauch, irgendwie scheint alles flöten zu gehen .
Als Kind fand ich das manchmal nicht so spannend, sonntags etwas ordentliches anzuziehen, gemeinsames Frühstück, usw. Usw. Heute weiß ich zu schätzen, was meine Eltern mir und meinem Bruder damals vorlebten und beibrachten, auch wenn ich heute nicht alles genau so mache. Aber das Einhalten von Benimm, Tischmanieren usw, und auch das gehört meiner Ansicht nach dazu, erleichtert auch heute den Umgang mit anderen Menschen doch sehr. Du hast schon recht, ein unendliches Thema….
Danke
Vieles wurde schon geschrieben, dem ich mich vorbehaltlos anschließe, ohne es nochmal wiederholen zu wollen. Bei manchen Leuten frage ich mich: „Haben die keinen Spiegel zu Hause?“ Manche Modeunfälle sind auch gewolltes, aber nicht gekonntes Styling, da bleibt die Hoffnung, dass der/die Träger/in noch lernen werden. Furchtbar finde ich aber auch dieses „underdressed“, schlampige Kleidung lässt auf mangelnden Respekt vor den Anderen, der Situation oder dem Anlass schließen. Ich sehe auch keinen Grund, in der Großstadt als Extremwanderer/ Bergsteiger/ Outdoorüberlebender herumzulaufen.
Ich bin übrigens gern mal overdressed, besser als andersherum. Und die Blicke nehme ich als Anerkennung 😉
Deine Eltern sehen übrigens adrett aus. Und der Esel erst – bestens angezogen 😀
Gern mehr derartige Posts als Anregung zum Gedankenaustausch !
Ja, jetzt musste ich doch lachen, auch wenn das Thema in seinem Umfang ja eher traurig bis tragisch ist. Outdoorüberlebende sehe ich auch immer durch die Stadt tiegern! Und die Jacken mit Tatze sind mittlerweile die legitime Uniform dazu. Ach nun ja, jedem Tierchen….
Danke fürs Lob an Eltern und Esel! (Da fällt mir ein: Wenn meine Mutter wütend auf meinen Vater war, nannte sie ihn gerne und oft mal „Esel“, nun weiß ich ja wo es herkam) 🙂
Diese Posts schreibe ich wirklich sehr gerne, aber ich bin kein guter „Maßschneider“. Mir kommt immer soo viel in den Kopf, und ich würde meine Blogleser wahrscheinlich in den Tiefschlaf schreiben. „Knapp und pointiert“ muss ich noch lernen! (Davon kann Irit auch ein Lied singen, wenn ich mal ein Review für die FabForties geschrieben habe. Da wurde immer ordentlich gekürzt, haha)
Viele Grüße! KK
Vielleicht gibt es Hoffnung…. mein Sohn ist 17, und bei ihm und seinen Klassenkameraden wird für Geburtstagsparties seit einiger Zeit wieder ein Dresscode vorgegeben, die Jungs sollen im Anzug kommen, die Mädchen im Kleid. Nicht immer, aber doch regelmässig. Es macht allen einen Riesenspaß ! Zu meiner Schulzeit hat es das nicht gegeben.. Ich finde das schön ! Und die neue Generation wird wieder etwas chicer könnte man meinen…
Hallo Exberlinerin!
Ja, das hört sich tatsächlich gut an. Ich bin in der Punk und Wave Zeit groß geworden, und ich habe (zum Schrecken meiner Eltern) sogar zur Schule Hemd und Krawatte getragen, nur um aufzufallen!
Selbst die Lehrer fühlten sich in der Schule schon underdressed neben mir! 😉
Gut, wenn junge Leute zumindest Lust auf Kleidung haben. Damit ist ihnen das Thema nicht egal und es ist ihnen auch nicht egal, wie sie in unserer Gesellschaft damit dastehen.
Und die haben doch heute alle Möglichkeiten! Onlineshops, in denen man alles bekommt, was man jeh in einem Magazin gesehen hat. Und gleich eine Woche später die perfekten Kopien bei H&M oder (dem unsäglichen) Primark.
Hab Spaß mit Deinem Sohn! Super Vertreter einer neuen Generation!!
Viele Grüße! KK